Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 10

zm 108, Nr. 10, 16.5.2018, (1047) zahnstufen – unbehandelt derzeit weltweit für über 200 Millionen Verletzungen pro Jahr mit entsprechenden Folgekosten ver- antwortlich sind. Ebenso belegen Unter- suchungen, dass sich die Wahrscheinlichkeit eines Frontzahntraumas bei dieser Form der Fehlstellung verdoppelt“, heißt es in einer Stellungnahme. „Nicht nachvollziehbar“ für den BDK ist zudem die Kritik, dass das Bundesgesund- heitsministerium und die Krankenkassen kaum Einblick hätten, mit welchen kiefer- orthopädischen Leistungen Patienten kon- kret versorgt werden. „Die Krankenkassen genehmigen jede kieferorthopädische Be- handlung auf der Grundlage eines Behand- lungsplans, in dem Diagnose, Art und Umfang der Behandlung aufgeführt sind“, betont Köning. Dr. Wolfgang Eßer, Vorstandsvorsitzender der KZBV, bekräftigt: „Vor ihrer Entscheidung haben die Kassen die Möglichkeit, ein Gut- achterverfahren einzuleiten. Die Ausgestal- tung der Begutachtung ist zwischen der KZBV und dem GKV-Spitzenverband ver- traglich vereinbart. So werden die Begut- achtungen von Gutachtern vorgenommen, die von den Kassenzahnärztlichen Vereini- gungen in den Ländern und den Kranken- kassen einvernehmlich bestellt werden“, er- läutert Eßer. Das zahnärztliche Gutachter- wesen genieße bei allen Beteiligten eine hohe Akzeptanz. „Es unterstützt insbe- sondere die Überprüfung und Sicherung der Behandlungsqualität und ist für die Patienten ein seit vielen Jahren anerkanntes Verfahren.“ Zahnärzteschaft sorgt für mehr Transparenz Außerdem hätten KZBV und BDK – unter wissenschaftlicher Begleitung der DGKFO und der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) – bereits 2016 zusätzliche Transparenz und Sicherheit geschaffen: Die Vereinbarung vom 18. November 2016 zur kieferorthopä- dischen Behandlung bei GKV-Patientinnen und Patienten unterstreiche den „grundsätz- lichen Anspruch für gesetzlich Versicherte auf eine zuzahlungsfreie kieferorthopädische Behandlung“, verdeutlicht Eßer. „Darüber hinaus schafft die Regelung auch Rechts- sicherheit für Kieferorthopäden und kiefer- orthopädisch tätige Zahnärzte.“ So bekennen sich alle Kieferorthopäden und alle kieferorthopädisch tätigen Zahnärzte nach der Vereinbarung dazu, den Patienten in der GKV eine zeitgemäße Vertragsleistung anzubieten, die den aktuellen Behandlungs- richtlinien entspricht und gute Behandlungs- ergebnisse ermöglicht. „Erst nach erfolgter Aufklärung und auf ausdrücklichen Wunsch des Patienten können dann auch solche Leistungen angeboten und erbracht werden, die über den GKV-Leistungskatalog hinaus- gehen“, sagt Eßer. nb Die Vorstellung ist faszinierend und die Welt der Forschung wäre gleichsam aufgeräumt und geordnet, wenn es zutreffen würde, was uns die Verfechter der Evidenzpyramide nun seit einigen Dekaden bereits versprechen: Es gibt den einen und besten Weg, um die unbestechliche Wahrheit zu jeder beliebigen Forschungsfrage herauszufinden. Eine Art Universalwerkzeug, mit dem die Wirkung oder Nichtwirkung einer medizinischen Intervention zweifelsfrei nachgewiesen wer- den kann. Der Glaube daran nimmt zeit- weise recht fundamentalistische Züge an: So empfahlen Sackett et al. Mitte der Neunzigerjahre „Wenn Sie auf eine nicht- randomisierte Studie stoßen, sollten Sie besser gar nicht weiterlesen, sondern gleich zum nächsten Artikel weiterblättern“ [Sackett et al., 1996]. Diese Aussage beruhte noch auf der Annahme, eine RCT könnte systematische Fehler nicht nur begrenzen, sondern total beseitigen. Seither haben jedoch Wissenschaftler in allen medizinischen und zahnmedizinischen Disziplinen erkannt, dass dies nicht zutrifft. Nach der „neuen Lehre“ der evidenzbasier- ten Medizin können „RCTs systematische Fehler minimieren, aber nicht eliminieren“ [Sami/Sedwick, 2011]. Zudem können sie, wie Kaptchuk betont, „ihre eigenen Ab- weichungen von der Wahrheit einbringen“ [Kaptchuk, 2001]. Die Diskussionen der letzten 20 Jahre haben gezeigt, dass das RCT-Design zahlreiche Schwächen aufweist und nicht unerheblichen Limitierungen unterliegt – von ethischen Grenzen über praktisch undurchführbare Verblindungen bis hin zu spezifischen Verzerrungsrisiken. Würdigt man diese Tatsachen, wird aus dem Universalwerkzeug RCT ein ganz normales Instrument der Wissenschaft, das in einigen Bereichen seine Stärken ausspielen kann, in anderen aber schlicht unbrauchbar für die Forschung ist. RCTs in der KFO Um es gleich vorauszuschicken: Mir er- scheinen RCTs nicht immer sinnvoll, jeden- falls nicht für zentrale klinische Fragen in der Kieferorthopädie. Meikle [Meikle, 2005] Evidenz in der Kieferorthopädie RCT-Studien sind ein Standard ohne Gold Sabine Ruf Der Vorwurf mangelnder Evidenz in der Kieferorthopädie gründet sich nicht zuletzt darauf, dass heute bei Nutzenbe- wertungen nur randomisiert-kontrollierte Studiendesigns (RCT) als ausreichend beweiskräftig für den Erfolg einer Behand- lung gelten. RCT sind in der Kieferorthopädie aber oft nicht sinnvoll einsetzbar. Es gibt aber Alternativen. 23

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