Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18

zm 108, Nr. 18, 16.9.2018, (2048) Jiang et al., 2013; Liu, 2010]. Letztere be- zeichnen dabei die abnorme Beziehung von Discus articularis zum Kondylus. Die Position der Gelenkscheibe beeinflusst nicht nur die Absorption von Spannungen und damit die Entlastung der Kiefergelenkkomponenten, sondern auch das „Remodeling“ des Kiefer- gelenks selbst [Tanne et al., 2015; Hu et al., 2016; Yang Chi, 2017]. Jedoch wird die Rolle von moderaten Diskusverlagerungen und solchen mit Reposition gegenwärtig kontrovers beurteilt. So werden diese einer- seits bereits zu den funktionellen Erkran- kungen gerechnet und sogar als Stadium für degenerative Kiefergelenkserkrankungen klassifiziert [Wilkes, 1989; Bornstein et al., 1992]. Diskusluxationen: Andererseits kann die anteriore Diskusluxation mit Reposition bei fehlenden Beschwerden und fehlender Funktionseinschränkung ohne Krankheitswert und progredientem Verlauf bleiben und bedarf dann auch keiner Be- handlung. Obwohl die genaue Prävalenz der anterioren Diskusverlagerungen nicht be- kannt ist, wird diese als relativ häufig ange- nommen – und wäre somit mehrheitlich ohne Gelenkentzündung beziehungsweise -destruktion anzutreffen [Zhou Wei, 2017; Li Yangfei, 2017; Tasaki et al., 1996]. Demge- genüber wurde in jüngerer Zeit ein Zusam- menhang zwischen anteriorer Diskus- luxation und einer knöchernen Resorption des Kondylus beschrieben, es wurde sogar eine knöcherne Regeneration des Kondylus nach operativer Diskusreposition bei jugend- lichen Patienten in der Wachstumsphase be- obachtet [Yang Chi, 2017; Hu et al., 2016]. Blockaden: Zustände des „Internal derangements“ mit Blockaden gehören zu den Funktionsstö- rungen des Kiefergelenks und bedürfen in der Regel einer Abklärung dahingehend, wodurch die Mobilität des Diskus patho- logisch reduziert ist. Infrage kommen hier beispielsweise die Diskusverlagerung ohne Reposition (Abbildung 7) oder das „Anchored Disc Phenomenon“. Bei Letzterem kommt die Gelenkblockade dadurch zustande, dass der Diskus nahezu unbeweglich in der Fossa verbleibt und die weitere Öffnungs- bewegung behindert [Nitzan et al., 1997]. Neben Adhäsionen und Vernarbungen kön- nen im weiteren Verlauf auch schwerwie- gendere degenerative strukturelle Schäden am Diskus auftreten, die oben genannten degenerativen Veränderungen können die Mobilität des Kiefergelenks dauerhaft ein- schränken (Abbildung 8). Bei Funktions- einschränkungen mit Blockaden kann die frühe Intervention durch eine therapeu- tische Arthroskopie einer Entstehung von Adhäsionen beziehungsweise Vernarbungen wirkungsvoll entgegenwirken (Abbildung 9), jedoch kann hier das Zeitfenster mitunter sehr klein sein [Zhang et al., 2011]. Diagnostik Die Basis der Diagnostik stellen die Anam- nese und die klinische Untersuchung dar. Be- fundbögen erleichtern ein strukturelles und standardisiertes Vorgehen, so dass bereits mögliche Pathologien und Funktionsstörun- gen des Kiefergelenks im Vorfeld erkannt werden können. Wichtig ist hierbei auch die weitere Abklärung hinsichtlich relevanter Systemerkrankungen. Die Magnetresonanztomografie (MRT) der Kiefergelenke ist das radiologische Verfahren der Wahl zur Beurteilung pathologischer Ver- änderungen im Bereich der Kiefergelenke, da diese dann schon in einer früheren Phase erfasst werden können [AWMF DRG 039/093; Kainberger et al., 2011]. Demgegenüber er- fassen projektionsradiografische Verfahren wie die Orthopantomografie (OPG) oder die Fernröntgenseitaufnahme (FRS), aber auch die digitale Volumentomografie (DVT) mög- liche Gelenkdestruktionen erst bei knöcher- ner Beteiligung ohne die Möglichkeit einer Beurteilung der Gelenkbinnenstrukturen – das heißt erst in der Spätphase [Kainberger et al., 2011]. Selbst durch die MRT können bestimmte frühe Entzündungszustände der Kieferge- lenke (beispielsweise die Synoviitis) bei Abbildungen 4 bis 6: Akute Entzündungszustände der Synovia unterschiedlicher Ausprägung: Abbildung 4 zeigt eine Synoviitis Grad 1 im Bereich der medialen Kapselwand eines rechten Kiefergelenks bei einer 33-jährigen Patientin. Die moderate Vasodilatation mit Hyperämie zeigt die Gefäßauskleidung der Synovia (oben), dahinter rötlich-violette Färbung durch den Pterygoid- schatten. Abbildung 5 zeigt eine Synoviitis Grad 2 mit kapillärer Hyperämie im Bereich des posterioren Recessus medial im rechten Kiefergelenk einer 23-jährigen Patientin. Auf Abbildung 6 ist eine Synoviitis Grad 4 mit vaskulärer Obliteration im Bereich der Oblique Protuberance, einer Struktur des hinteren Bandes, bei einer 14-jährigen Patientin im linken Kiefergelenk zu sehen. 4 5 6 36 Zahnmedizin

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