Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 23-24

zm 108, Nr. 23, 1.12.2018, (2731) zm 108, Nr. 23- 4 Potenzial zutraut. Immerhin erstreckt sich der Zeitraum der HAP- Forschung inzwischen auf Jahrzehnte – manche Studie sei aufgrund ihrer mangelhaften Qualität „zurecht in Vergessenheit“ geraten, wie Klimek betonte. Überhaupt seien bei der Sichtung bei vielen Studien Mängel im Studiendesign und in der Berichtsqualität aufgefallen. So wurde beispielsweise die weit überwiegende Anzahl der In-vitro-Studien zu den kariespräventiven Wirkungen von Hydroxylapatit mit Modellen durchgeführt, bei denen ausschließlich remineralisiert wurde. In der Mundhöhle kommt es jedoch zu einem ständigen Wechsel von De- und Remineralisationen – Karies entsteht dann, wenn die Deminera- lisationen überwiegen. Demzufolge kann eine kariespräventive Wir- kung mit einem Studiendesign belegt werden, das die zyklischen Phasen bei einem Überwiegen von Demineralisationen nachbildet. Die Referenten fanden bei ihrer Recherche indes nur eine einzige Studie, die das tat. Ergebnis: Alle fluoridhaltigen Zahnpasten konnten die Demineralisation mindern, die untersuchte Nano-Hydroxylapatit- Zahnpaste (Biorepair) hatte dagegen keinen Effekt [Esteves-Oliveira et al., 2017]. Kritik äußerten die Referenten auch an einer von der Firma Dr. Kurt Wolff geförderten und an fünf deutschen Universitäten durchgeführ- ten Multicenter-Studie [Schlagenhauf et al., bioRxiv 306423]. In der Studie sollte die Wirksamkeit der HAP-Zahnpasta Karex gegen eine Fluorid-haltige Zahnpasta zur Prävention von white spots in der Kieferorthopädie getestet werden. Das Studiendesign ist jedoch nach Auffassung von Ganß, Klimek und Hellwig wenig geeignet, die Effekte der HAP-Zahnpasta zu untersuchen. Bemerkenswert war die Erwiderung des Erstautors der Studie, Prof. Dr. Ulrich Schlagenhauf, in der anschließenden Diskussion. Er räumte ein, dass die Aussage- kraft der Studie beziehungsweise des Studiendesigns aus ethischen Gründen limitiert sei und er sich im Übrigen von den weitergehenden Werbeaussagen des Studiensponsors distanziere. Kariesprävalenz: Droht ein Rückfall in die 90er-Jahre? Als vierter Referent befasste sich Prof. Dr. Stefan Zimmer, Witten, unter anderem mit der Frage, welche Auswirkungen ein Verzicht auf Fluoridzahnpasten ohne adäquaten Ersatz für die Kariesprävalenz in Deutschland hätte. Aktuell gibt es keine Daten zu einem solchen Sze- nario – es erschien bislang wenig wahrscheinlich, sich mit solchen Fragestellungen auseinandersetzen zu müssen. Sollten solche Zahn- pasten jedoch größere Marktanteile erreichen, dürfte das Thema in die Diskussion kommen. Zimmer präsentierte Modellrechnungen, die zeigen, dass der Kariesbefall bei 12-Jährigen vom aktuellen DMFT-Wert von 0,4 auf 0,63 steigen könnte. Das entspricht etwa dem Wert aus dem Jahr 2010. In der Gruppe der 35- bis 44-Jährigen könnten die DMFT-Werte von 11,2 auf 17,3 (1989: 16,7) und in der Gruppe der 65- bis 74-Jährigen von 17,7 auf 25,3 (1997: 23,6) steigen. Die Berechnungen sind noch mit etlichen Unsicherheiten behaftet, zeigen aber die Dimension, die ein Verzicht auf Fluorid- zahnpasten ohne adäquaten Kariesschutz haben könnte. br

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