Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 23-24

zm 108, Nr. 23, 1.12.2018, (2757) zm 108, Nr. 23- 4 Von der Geburt bis ins Erwachsenenalter unterliegen die dentofazialen Strukturen starken entwicklungsbedingten Verände- rungen, wobei Abschnitte intensiver und reduzierter Aktivität beobachtet werden. Die sehr komplexen Wachstumsprozesse des Ober- und Unterkiefers erfordern eine subtile Steuerung und präzise Koordination im Ablauf der Dentition. Genetische, epi- genetische und exogene Faktoren üben einen starken Einfluss auf die Reifung des orofazialen Systems aus, wobei Weichteil- einflüsse, muskuläre Dysfunktionen und äußere Interferenzen die Entwicklung nach- haltig stören können. Hinweise auf eine ge- störte Gebissentwicklung sollten frühzeitig erkannt werden, um präventive und thera- peutische Maßnahmen einleiten zu können. Hier kann die Bedeutung des Zahnarztes nicht hoch genug bewertet werden, da er meist der erste ist, der ein Kind mit einer be- ginnenden Zahn- beziehungsweise Kiefer- fehlstellung sieht und somit eine kiefer- orthopädische Untersuchung oder Therapie veranlassen kann. Daher sollte der Zahnarzt in jeder Phase der Gebissentwicklung neben der Kariesdiagnostik zusätzlich routinemäßig auf den korrekten zeitlichen Ablauf des Zahnwechsels achten. I. Milchgebiss und frühes Wechselgebiss \ Kontrolle der Platzverhältnisse Ausgeprägte Zahnfehlstellungen und Gebiss- anomalien zeigen sich im reinen Milch- gebiss deutlich seltener als im Wechsel- oder im permanenten Gebiss [Schopf, 2003]. Den- noch sollten bereits in dieser frühen Phase beispielsweise die Platzverhältnisse für die später durchbrechenden Zähne be- urteilt werden. Im Säuglings- kiefer liegen die Zahnkeime der Milch-Inzisiven zunächst in einer sagittalen Staffelstellung [van der Linden, 1980]. Die mit dem Durchbruch der Milchzähne einhergehende Bildung des Alveolarfortsatzes und die wachstumsbedingte Vergrößerung der Zahnbögen führt meist zu einer lückigen Stellung der Milchschneide- zähne [Sillman, 1964] (Abbildung 1). Diese Lücken tragen dazu bei, den deutlich breiteren bleibenden Nachfolgern eine regelrechte Einordnung in den Zahnbogen zu ermöglichen [Moyers, 1976; Leighton, 1978]. Ein „schönes“, lückenloses Milch- gebiss oder gar Engstände in der Front sind ein Alarmsignal im Hinblick auf spätere Platzprobleme für die bleibenden Zähne [Leighton, 1969]. Bei diesen Patienten ist eine intensive Überwachung während des Zahnwechsels der permanenten Inzisiven Die Überwachung der Gebissentwicklung: Worauf sollten Zahnärzte achten? Chris Köbel, Christopher J. Lux Wenn Störungen in der Gebissentwicklung frühzeitig erkannt und therapiert werden, lassen sich häufig spätere kieferorthopädische Behandlungen vermeiden oder in ihrem Ausmaß reduzieren. Dem behandelnden Zahnarzt kommt eine überaus wichtige Rolle bei der Früherkennung von Fehlentwicklungen zu. Der Beitrag erklärt, worauf Zahnärzte in den verschiedenen Phasen der Gebiss- entwicklung aus kieferorthopädischer Sicht besonders achten sollten. Alle Fotos: Chris Köbel 41

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