Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 23-24

zm 108, Nr. 23, 1.12.2018, (2768) -24, 1 12.2018, (2768) Das Spektrum der interdisziplinär behandel- ten angeborenen kindlichen Fehlbildungen im Kiefer- und Gesichtsbereich umfasst nach der embryologisch orientierten Klassi- fikation von Rom (1967) die verschiedenen Spaltformen des primären embryonalen Gaumens (Lippen- und Lippen-Kieferspalten), des sekundären embryonalen Gaumens (Gaumenspalten), des primären und sekun- dären Gaumens (Lippen-Kiefer-Gaumen- spalten) sowie die seltenen Gesichtsspalten. Als kraniofaziale Fehlbildungen werden eine Vielzahl seltener Fehlbildungssyndrome, zum Beispiel das Apert-, das Pfeiffer-, das Goldenhar- oder das Crouzon-Syndrom, be- zeichnet. Eine besondere Stellung nimmt darüber hinaus die Robin-Sequenz (RS) ein. Unterschiedliche Ätiologien und Ausprä- gungen charakterisieren diese Fehlbildungen, wobei genetische wie exogene Einflüsse beziehungsweise deren Kombinationen eine Rolle spielen. Bei allen diesen Fehlbildungen liegen kli- nisch unterschiedlich ausgeprägte skelettale und dentoalveloäre Deformitäten mit einer Fehlposition der Kiefersegmente im Sinne eines transversalen und/oder sagittalen Defizits vor. Im Bereich der Kieferspalte kön- nen die spaltnahen Zahnanlagen mit Hypo- plasien, Hypo- oder Hyperdontie betroffen sein. Zu diesen morphologischen Verände- rungen kommen unterschiedliche funktio- nelle (Atmung, Schlucken, Sprache, Gehör) und myofunktionelle Störungen. Lippen-Kiefer-Gaumenspalten gehören zu den häufigsten angeborenen Fehlbildungen. Auf 500 geborene Kinder kommt durch- schnittlich eine Spaltbildung. Die durch- gehende Lippen-Kiefer-Gaumenspalte ist mit circa 50 Prozent am häufigsten. Isolierte Gaumenspalten findet man in etwa 30 Pro- zent und Lippen-Kieferspalten in ungefähr 20 Prozent der Fälle. Erste wissenschaftliche Veröffentlichungen zur Therapie der LKG-Spalten stammen unter anderem von Dieffenbach, seitliche Inzisionen bei der Veloplastik [Dieffenbach, 1826], von Langenbeck, Brückenlappen- plastik [von Langenbeck, 1861] und Veau, Stiellappenplastik [Veau, 1922]. Im Hinblick auf die systematisierte Veröffentlichung zur Ätiologie der LKG sind ab 1942 insbesondere die Arbeiten von Fogh-Andersen wie auch später Falconer und Carter zu nennen [Fogh-Andersen, 1942; Falconer, 1965; Carter, 1976]. Bei der Robin-Sequenz (RS) handelt es sich um eine besondere Fehlbildungskombination, die etwa bei 1 von 8.500 Geburten auftritt. Sie umfasst eine mandibuläre Retrognathie, eine Mikrognathie, eine Glossoptose, ob- struktive Atemstörungen und fakultativ in Kindliche Fehlbildungen im Kiefer- und Gesichtsbereich: Therapiekonzepte an der Schnittstelle Bernd Koos, Christian F. Poets, Siegmar Reinert Diagnostik und Therapie von Fehlbildungen im Kiefer- und Gesichtsbereich müssen aufgrund ihrer Komplexität und der erforderlichen interdisziplinären Behandlung in spezialisierten Zentren erfolgen, wo diese Versorgung gewähr- leistet ist. Ziel der Zusammenarbeit ist die fortlaufende optimale Betreuung von der Geburt bis zum Erwachsenenalter. Der Beitrag gibt einen Einblick in die einzelnen Phasen der Therapie. Foto: ZLKGKF 52 Fortbildung Kieferorthopädie

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