Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 23-24

zm 108, Nr. 23, 1.12.2018, (2806) -24, 1 12.2018, (2806) Neben deutschen Referenten präsentierten auch internationale Experten den Stand von Wissenschaft und Praxis. So gilt es für Prof. Dr. Monty Duggal (Singapur) bei jedem Traumapatienten zunächst einmal Ruhe zu bewahren und biologisch zu denken: Was ist mit der Pulpa passiert, was mit dem paro- dontalen Ligament? Bei Wurzelfrakturen im apikalen Drittel überlebt die Pulpa fast immer [Welbury et al., 2002]. Im gingivalen Drittel sinkt die Quote nach zwei Jahren auf nur noch 40 Prozent, abhängig auch vom Ent- wicklungsstadium des Zahns. „Denken Sie biologisch“ – was genau ist passiert? Nach Duggal, der lange an der renommier- ten Abteilung für Kinderzahnheilkunde der Universität Leeds (England) lehrte, wird ein horizontaler Frakturspalt in vielen Fällen bindegewebig oder knöchern überbrückt. Das apikale Fragment kann bei fehlender Verbindung zur Mundhöhle in situ ver- bleiben, bei Vitalitätsverlust im koronalen Fragment wird die apikale Öffnung mit MTA verschlossen und die Wurzel mit Stan- dardmethoden gefüllt (20 bis 44 Prozent der Fälle). Eine zeitnahe endodontische Behandlung verbessert die Prognose. Um Frakturen zu identifizieren, empfiehlt Duggal, zwei um 15 Grad versetzte Zahn- filme aufzunehmen. Bei positivem Befund sollte die Krone durch Beschleifen aus der Funktion genommen und für vier Wochen mit einer Schiene immobilisiert werden, wo- bei die Schiene eine physiologische Zahn- beweglichkeit gewährleisten soll. Vorsicht bei erhöhter apikaler Transluzenz auf dem Zahn- film: Diese könne heilungsbedingt und damit vorübergehend sein. Wichtig sei neben dem zeitnahen das längerfristige Monitoring. Lateral luxierte bleibende Zähne können häufig unter Lokalanästhesie reponiert und dann geschient werden. Ist die Apexifikation bereits abgeschlossen, werden die Zähne meist avital. Bei kombinierter Dislokation und Fraktur gilt das nach Untersuchungen an der Universität Kopenhagen für 95 Pro- zent aller Zähne [Andreasen et al., 2007]. Wird das Wurzelzement beschädigt, kommt es zu Resorptionen. Intrudierte bleibende Zähne haben in Bezug auf die Vitalität eine schlechte Prognose, bei abgeschlossenem Wurzelwachstum gibt es keine Chance. Bei Bedarf sollte laut Duggal immer versucht werden, diese orthodon- Jahrestagung von DGZ, DGKiZ und AG ZMB in Dortmund Junge Zähne erhalten bei Pulpa aperta, Trauma und MIH Endodontie und Traumatologie bei Milch- und unreifen bleibenden Zähnen – das war das zentrale Thema der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaften für Zahnerhaltung (DGZ) und Kinderzahnheilkunde (DGKiZ) vom 27. bis zum 29. September in Dortmund. Ein Einblick in die Themen mit Fokus auf Schluss- folgerungen für die tägliche Praxis. Für den Präsidenten der DGKiZ, Prof. Dr. Norbert Krämer, ist die aktuelle, chirurgisch geprägte S2k-Leitlinie zum Thema Zahntrauma bleibender Zähne „ein großes Problem“ [DGZMK, DGMKG, 2015]. Das für Apexifikationen emp- fohlene Kalziumhydroxid sei aus Sicht der europäischen Kinderzahnmedizin und aufgrund endodontologischer Forschung nicht mehr indiziert [Duggal et al., 2017]. Zudemwürden in der Leitlinie als grund- legende Diagnostik bekanntermaßen ungenaue Vitalitätstests empfohlen. Diese neuen Erkenntnisse müssen nach Auffassung von DGKiZ und DGZ in der für nächstes Jahr geplanten Über- arbeitung berücksichtigt werden. \ Herausforderung Trauma-Leitlinie Gemeinschaftsprojekt: Die Präsidenten Prof. Dr. Matthias Hannig (DGZ), Prof. Dr. Norbert Krämer (DGKiZ) und Prof. Andreas Schulte (Vorsitzender AG ZMG, von rechts) Foto: DGZ „Kalziumhydroxid ist für Apexifikationen nicht mehr indiziert“: Dr. Monty Duggal erklärte aktuelle Therapiekonzepte für traumatisierte bleibende Zähne bei jungen Patienten. Foto: DGZ 90 Zahnmedizin

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