Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 11

zm 109, Nr. 11, 1.6.2019, (1268) gruppe 1 des World Workshop 2017, eine klare Definition von parodontaler Gesund- heit, sowohl histologisch als auch klinisch, zu schaffen. Ein vereinfachender Ansatz sollte die Definition von Gingivitis in nur zwei grundsätzlichen Kategorien ermöglichen: (1) Gingivitis, die durch den dentalen Plaque-Biofilm hervorgerufen wird, und (2) gingivale Erkrankungen, die nicht durch den Plaque-Biofilm induziert sind. ” Eine grundsätzliche Entscheidung betrifft das Konzept der „pristinen“ gegenüber der „klinischen“ Gesundheit“. Die Definition parodontaler Gesundheit Ein kritischer Faktor beim Definieren von Gesundheit war die Erkenntnis, dass paro- dontale Gesundheit auf der Ebene einzelner Messstellen und der Ebene des gesamten Mundes sowie an einem intakten oder redu- zierten Parodontium existieren kann. Ein in- taktes Parodontium ist eines ohne klinischen Attachmentverlust (CAL) oder Knochenver- lust, wohingegen ein reduziertes Parodon- tium in zwei unterschiedlichen Situationen auftreten kann: entweder bei einem Nicht- Parodontitis-Patienten (zum Beispiel bei Patienten mit einigen Formen gingivaler Rezession oder nach einer chirurgischen Kronenverlängerung) oder bei einem Pa- tienten mit der Vorgeschichte einer Paro- dontitis. Daher wurden Falldefinitionen für Gesundheit und Gingivitis für alle drei Szenarien erstellt – wie im Folgenden be- schrieben. Eine weitere grundlegende Entscheidung betrifft das Konzept von „pristiner/unbe- rührter“ gegenüber „klinischer“ Gesund- heit. Wenn in der Medizin die Normalität durch 95 Prozent der Bevölkerung definiert wird, die dieser Definition entspricht, und 95 Prozent der Erwachsenen einen oder mehrere Blutungspunkte in ihrem Mund haben, dann muss „Gesundheit“ einige lo- kalisierte Stellen mit leichten Entzündungen akzeptieren. Aus der Literatur ging hervor, dass histologische Veränderungen in der gingivalen Mikrovaskulatur fast unmittelbar nach dem Zahndurchbruch entstehen und dass ein entzündliches Infiltrat offensichtlich Bestandteil der normalen Immunüberwachung ist. Das gilt auch für subtile klinische Anzeichen einer Entzündung an isolierten Stellen im Rahmen der „klinischen Gesundheit“. Pristine /Unberührte Gesundheit kann daher als außergewöhnlich angesehen werden und ist weitgehend auf Lehrbücher beschränkt (weniger als 5 Prozent der Bevölkerung). In der neuen Klassifikation wurde ein „Fall“ klinischer gingivaler Gesundheit sowohl mit intaktem als auch mit reduziertem Parodon- tium bei einem Nicht-Parodontitis-Patienten definiert. Dieser liegt vor, wenn weniger als 10 Prozent Stellen mit Blutung auf Sondie- rung und mit Sondierungstiefen von maxi- mal 3 mm vorhanden sind. Dabei hat das in- takte Parodontium keinen Attachmentver- lust, aber das reduzierte Parodontium einen deutlichen Attachmentverlust. Im reduzierten Parodontium bei einem er- folgreich behandelten Parodontitispatienten erlaubt die Definition von Gesundheit Son- dierungstiefen von bis zu 4 mm (Konzept der „geschlossenen Tasche“). Aber es darf keine Blutung beim Sondieren (BoP) an irgendeiner 4 mm tiefen Stelle auftreten, da dies die Wahrscheinlichkeit einer wieder- kehrenden Parodontitis und einen Interven- tionsbedarf anzeigen würde. Klassifikation parodontaler Gesundheit und gingivaler Erkrankungen/Zustände 1. Parodontale Gesundheit und gingivale Gesundheit a. Klinische gingivale Gesundheit auf einem intakten Parodontium; b. Klinische gingivale Gesundheit auf einem reduzierten Parodontium: i. Stabiler Parodontitis-Patient; ii. Nicht-Parodontitis-Patient. 2. Gingivitis – induziert durch dentalen Biofilm* a. Assoziiert mit dentalem Biofilm allein; b. Vermittelt durch systemische oder lokale Risikofaktoren; c. Medikamentös beeinflusste gingivale Vergrößerung. 3. Gingivale Erkrankun- gen – nicht induziert durch dentalen Biofilm a. Genetische/Entwicklungs- störungen; b. Spezifische Infektionen; c. Entzündliche und immunologische Zustände; d. Reaktive Prozesse; e. Neoplasien; f. Endokrine, Ernährungs- bedingte und metabolische Erkrankungen; g. Traumatische Läsionen; h. Gingivale Pigmentierungen *Prädisponierende Faktoren (lokale Risikofaktoren) 1. Plaque-retentive Faktoren (z.B. subgingivale Kronenränder, kieferorthopädische Apparaturen); *Modifizierende Faktoren (systemische Risikofaktoren) 1. Rauchen; 2. Hyperglykämie (bei Menschen mit Diabetes); 3. Geringe antioxidative Mikronährstoffaufnahme (z.B. Vitamin C); 4. Medikamente – insbesondere immunmodulierende Medikamente; 5. Sexualsteroide – erhöhte Spiegel; 6. Hämatologische Erkrankungen (z.B. Neutropenie). Tabelle 1: Zusammenfassende Übersicht der Klassifikation parodontaler Gesundheit und gingivaler Erkrankungen/Zustände, Quelle: EFP 2. Mundtrockenheit 78 Zahnmedizin

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