Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 12

zm 109, Nr. 12, 16.6.2019, (1411) stets gut gekühlt und in kleinen Flaschen à 250 ml für etwa 1,20 Euro in jeder Gastwirt- schaft angeboten wird. Strela wird unser Feierabend-Ritus. Am nächsten Morgen soll es losgehen – Spannung, Neugier, als der angekündigte Fahrer nach einer Stunde immer noch nicht da ist, auch Ungeduld. Er findet meine Unterkunft nicht. Wir verabreden uns an einem prominenten Platz. Anschließend lerne ich Elisabeth kennen, sie ist die Kontaktperson des kapverdischen Gesundheitsministeriums, selbst Zahnärz- tin, und wird uns in den kommenden zwei Wochen begleiten und mit Übersetzungen unterstützen. Elisabeth ist Anfang dreißig und arbeitet für gewöhnlich in einer staatlichen Zahnarztpraxis. Ihr dortiges Behandlungs- spektrum ist beschränkt auf Extraktionen. Zusätzlich, so erfahren wir später, ist sie auch in einer privaten Zahnarztpraxis tätig. Zahnmedizin – not included Das Gesundheitssystem umfasst medizinische Versorgung im lebensnotwendigen Rahmen, die zahnmedizinische Versorgung ist nicht inbegriffen, in privaten Zahnarztpraxen je- doch gegen Bezahlung erhältlich. Nach einer kurzen Fahrt über ausgedörrtes Gelände und an halb fertigen Bauten vorbei sind wir am Klinikgelände angelangt. Unter einer Überdachung sitzen auf Holzbänken zahl- reiche Menschen, ebenfalls in den Gängen der Klinik. So wird es auch an allen folgen- den Tagen sein. Einige von ihnen werden zu uns wollen, andere suchen die Klinik auf, um Unterstützung in der Säuglingspflege zu erhalten, Blutdruck oder Blutzucker kontrol- lieren zu lassen. Man schließt uns einen kleinen Raum im Erdgeschoss auf, im ersten Augenblick ist er etwas unübersichtlich. Mehrere große Kar- tons stehen da, ebenfalls fünf Metallkoffer, die sich im Nachhinein als die mobilen Behandlungseinheiten herausstellen. Auch gibt es zwei große Taschen, in denen sich die „Behandlungsstühle“ befinden. Wir sehen auch vier fahrbare Gestelle mit jeweils zwei großen Glasflaschen. Wie wir später fest- stellen, handelt es sich hier um die Absaug- anlagen. Zunächst beginnen wir, die Behandlungs- einheiten aufzubauen. Leider müssen wir bereits am ersten Tag feststellen, dass von den fünf vorhandenen Behandlungseinheits- koffern lediglich einer gebrauchsfähig ist, und dies auch nur unzureichend. Die Behandlungskoffer aus chinesischer Pro- duktion sind prinzipiell gut ausgestattet mit einer Multifunktionsspritze (Wasser und Luft), einem Ansatz für eine Turbine („Bohrer“), einer Absaugmöglichkeit, die jedoch nur einen 1-Liter-Vorratsbehälter vorhält und daher nicht verwendet werden soll, einer Blaulichtlampe (zur Aushärtung von im Mund eingebrachten Kunststoffen), einem Ultraschallgerät zur Zahnsteinentfernung und einem Ansatz, auf dem ein Mikromotor befestigt werden kann zum Aufstecken eines blauen Winkelstücks (zum niedrigtourigeren Bohren). Fünf Behandlungseinheiten, eine gebrauchsfähig Auf unsere Nachfrage, ob jemand die Ein- heiten in Gang bringen könne, erfahren wir, dass es für alle Inseln einen einzigen Techni- ker gibt, der sei nun aber gerade auf einer anderen Insel. Glücklicherweise erscheint er am nächsten Tag, um die einzige einiger- maßen funktionierende Einheit in Augen- schein zu nehmen. Wir haben mehrere blaue Winkelstücke, jedoch nur eine funktio- nierende Turbine. Die zweite vorhandene macht ein – sagen wir mal – ungesundes Geräusch bei der Betätigung. So müssen wir heute und auch in den folgenden Tagen mit nur einem Behandlungsstuhl und nur einer funktionierenden Einheit zurechtkommen. Im Nachgang bitten wir Elisabeth, den Techniker in der Zeit unserer Abwesenheit anreisen zu lassen, damit er die übrigen vier Einheiten zum Laufen bringen kann. Von den vier Absaugeinheiten ist auch nur eine verwendbar, dies auch nicht in der von uns gewohnten Stärke. Endlich kann es losgehen! Tag für Tag be- handeln wir zwischen 15 und 25 Menschen, nach welcher Systematik sie einbestellt wer- den, ist uns nicht bekannt. Jeder Patient kommt herein mit einem Zettel, auf dem sein Name und sein Alter verzeichnet sind. Drinnen und draußen: der Behandlungsort links, die trockene vulkanische Landschaft rechts ist prägend für die kapverdische Insel Santiago 93

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