Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 22

zm 110, Nr. 22, 16.11.2020, (2192) ZUM 200. GEBURTSTAG VON FRIEDRICH ENGELS Der Zahnarztbesuch als Manifestation des Unglücks Kay Lutze Am 28. November 2020 jährt sich zum 200. Mal der Geburtstag von Friedrich Engels. Der Philosoph und Revolutionär verschrieb sich aber nicht allein der Politik: Er liebte das Leben, besonders die Frauen, dazu guten Wein und Zigarren. Zahnschmerzen waren indes sein steter Begleiter, der Zahnarztbesuch seine „Auffassung vom Unglück“. F ür die einen ist er mit Karl Marx der Vorkämpfer für die Verbesserung der Lage der Arbeiterklasse, für die anderen ein revolutionäres Schreckgespenst, das posthum für die missglückten sozialistisch-kommunistischen Experimente des 20. Jahrhunderts mitverantwortlich gemacht wird. Engels wurde als Sohn des Baumwollfabrikanten Friedrich Engels und seiner Frau Elisabeth, geborene van Haar, als ältestes von neun Kindern in Barmen, heute ein Stadteil Wuppertals, geboren. Bis 1869 vertrat er die Firma Ermen & Engels in Manchester. Zeitlebens musste er sich keine finanziellen Sorgen machen – Marx hielt er jahrelang mit dem Geld aus der Firma über Wasser. Trotz seiner privilegier- ten Herkunft hatte er offene Augen für die unhaltbaren Zu- stände der Arbeiterklasse, wie er sie hautnah in England zu sehen bekam. In der Rheinischen Zeitung schrieb er gegen die zunehmende Repression in Preußen an. In der Redak- tion lernte er im November 1842 Karl Marx (1818–1883) kennen. 1845 veröffentlichte er seine „Elberfelder Reden“, und schrieb mit Marx am „Kommunistischen Manifest“. Als Marx 1883 starb, veröffentlichte er dessen Nachlass. Engels führte seine zahlreiche Korrespondenz neben Deutsch auch in Englisch, Französisch, Italienisch, Russisch, Serbisch, Rumänisch und Latein. ER WOLLTE KEINE JEFÜHLVOLLE TOCHTER AUS DER BOURGEOISIE Trotz seiner Leidenschaft für Frauen, blieb Engels über viele Jahre zwei Schwestern treu. Zunächst lebte er mit der irischen Baumwollspinnerin und Nationalistin Mary Burns (1821–1863) zusammen. Sie war mehr als nur die Frau an seiner Seite; durch sie erhielt er Zugang zur Arbeiterklasse der britischen Metropole Manchester. Unter diesen Ein- drücken entstand 1845 der berühmte Sozialbericht „Die Lage der arbeitenden Klasse in England“. Nach Marys Tod 1863 nahm ihre Schwester Lydia Burns (1827–1878), ge- nannt Lizzy, den Platz an Engels Seite ein. Über seine Frau Lizzy sagte Engels: „Meine Frau war echtes irisches Proleta- rierblut, und das leidenschaftliche Gefühl für ihre Klasse, das ihr angeboren war, war mir unendlich mehr wert und hat mir in allen kritischen Momenten stärker beigestanden, als alle Schöngeisterei und Klugtuerei der „jebildeten“ und „jefühlvollen“ Bourgeoistöchter gekonnt hätten“ [Bleuel, 1984]. Mit ihr lebte er noch 15 Jahre zusammen; einen Tag vor ihrem Tod heiratete er sie. Engels genoss das gute Leben, er nahm an Jagden der Upper Class teil, machte Sport, liebte aber auch guten Wein und rauchte. 1877 charakterisiert Jenny Marx (1814–1881) Friedrich Engels in einem Brief so: „Er ist stets gesund, frisch, lustig und guter Dinge, und sein Bier [...] mundet ihm köstlich“ [Engels, 1982]. Als passionierter Weinliebhaber weisen ihn folgende Worte aus dem Jahr 1882 aus: „Im Waadtland gibt es einen vortrefflichen Wein, Ivorne, der, namentlich alt, sehr zu Foto: AdobeStock_Juulijs Friedrich Engels: Philosoph, Historiker, Journalist und kommunistischer Revolutionär. 58 | GESELLSCHAFT

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