Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 1-2

zm 111, Nr. 01-02, 16.1.2021, (43) Mikrobiom zu kennen und sich nicht nur auf einzelne, vorher be- kannte sogenannte „Leitbakterien“ zu fokussieren. Diese Identifikation des oralen Mikrobioms wird durch Sequenzierungstechnologien er- möglicht. SEQUENZIERUNGS- TECHNOLOGIEN Bei der DNA-Sequenzierung wird die Nukleotid-Abfolge in einem bakteriellen DNA-Molekül bestimmt. Anders als bei den zuvor erwähn- ten Nachweismethoden ist bei der DNA-Sequenzierungstechnologie keine Vorauswahl der Genabschnitte gesuchter Bakterien notwendig. Daher spricht man auch davon, dass Bakterien „hypothesenfrei“ nachgewiesen werden. Konnten beispielweise beim PCR-Nachweis nur die Bakterien gefunden wer- den, nach denen auch gesucht wurde, ermöglicht die Sequenzie- rungstechnologie den Nachweis von allen Bakterien, die in der Probe vorhanden waren. Ausgangspunkt für die Identifizie- rung des oralen Mikrobioms sind aus der Mundhöhle gewonnene subgingvale Plaqueproben, die Bak- terienmaterial enthalten. Im Labor wird zunächst aus dem gewonne- nen Probenmaterial die DNA iso- liert. Dies kann mit verschiedenen kommerziellen DNA-Isolierungskits erfolgen, bei denen zunächst die Zellen mit einem Lysepuffer und unter Zuhilfenahme verschiedener Enzyme aufgeschlossen werden. Abhängig vom verwendeten Sys- tem wird die DNA anschließend über Säulen mit einer DNA-Binde- matrix oder mithilfe von speziellen magnetischen Partikeln von den Zelltrümmern und anderen Zell- bestandteilen getrennt und gerei- nigt (Abbildung 1). Abschließend erfolgt die Elution der DNA von der Bindematrix mit Wasser oder einer stabilisierenden Pufferlösung. Die so gewonnene DNA-Probe ent- hält ein Gemisch aus den am Pro- benentnahmeort vorkommenden bakteriellen Genomen, die nun über eine sogenannte „Markergen- analyse“ taxonomisch eingeordnet werden können. Goldstandard un- ter den Identifikationsmethoden und seit Jahren breit etabliert ist die sogenannte „16S-rRNA Gen“- basierte Identifizierung von Bakte- rien [Weisburg et al., 1991]. Die 16S-rRNA ist ein Bestandteil der kleinen Untereinheit prokaryotischer Ribosomen. Diese Ribosomen sind für die Proteinbiosynthese der Bak- terienzelle zuständig. Da die Über- lebensfähigkeit von Zellen stark mit der Fähigkeit Proteine zu syn- thetisieren zusammenhängt, ist die für Ribosomen codierende DNA- Sequenz größtenteils sehr selten von Mutationen betroffen. Diese hoch konservierten Gene werden bei der Teilung von Bakterien un- verändert weitergegeben und sind Unterscheidungsmerkmale für Bak- terienspezies. Das für das Bakterium spezifische 16S-rRNA-Gen besteht aus circa 1.550 Basenpaaren (bp), die sich in hoch konservierte, aber auch variable Bereiche, die wieder- um für bestimmte Bakterienspezies charakteristisch sind, unterteilen lassen. Das Sequenzieren, also das Ablesen eines oder mehrerer dieser variablen Bereiche, und der Ver- gleich mit einer der verfügbaren Bakteriengenomdatenbanken er- möglichen die taxonomische Ein- ordnung des abgelesenen Sequenz- DR. MED. DENT. DANIEL HAGENFELD \ 4/2005–6/2010: Studium der Zahnmedizin in Münster \ 6/2010–12/2010: Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Institut für physiologische Chemie und Pathobiochemie, Universitätsklinikum Münster \ 1/2011–2/2012: Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Sektion Parodontologie, Abteilung für Zahnerhaltung, Mund-, Zahn- und Kieferklinik, Universitätsklinikum Heidelberg \ 2/2012–3/2014: Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Department für Infektiologie, Medizinische Mikrobiologie und Hygiene, Universitätsklinikum Heidelberg \ seit 4/2014: Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Abteilung für Parodontologie und Zahnerhaltung, Zahn-, Mund- und Kieferklinik, Universitätsklinikum Münster. Foto: UKM Foto: Benjamin Ehmke Abb. 2: Für die Herstellung der Sequenzierungsbibliotheken werden Aliquots der isolierten genomischen DNA auf Mikrotiter- platten verteilt, um die parallele Verarbeitung großer Proben- mengen zu erleichtern. Abb. 3: Mit dem Illumina-MiSeq-Sequenzierer können kurze Reads mit einer Länge von bis zu 300 Basenpaaren generiert werden. Dabei kann der abgelesene Bereich in Vor- wärts- und Rückwärtsrichtung (paired-end) sequenziert werden. Die begrenzte Leselänge ermöglicht eine taxonomische Auflösung bis auf Gattungsebene. Foto: Benjamin Ehmke ZAHNMEDIZIN | 45

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