Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 6

zm 111, Nr. 6, 16.3.2021, (488) NEUE S3-LEITLINIE „DIE BEHANDLUNG VON PARODONTITIS STADIUM I BIS III“ – EINFÜHRUNG Ein umfassendes Behandlungskonzept für die Parodontaltherapie Moritz Kebschull, Søren Jepsen, Bettina Dannewitz Nach der neuen Klassifikation parodontaler Erkrankungen aus dem Jahr 2018 hat die European Federation of Periodontology (EFP) im vergangenen Jahr den nächsten großen Meilenstein gesetzt: eine Leitlinie zur Parodontitis- therapie der Stadien I-III. Damit liegt nun erstmals ein umfassendes Konzept für die gesamte Therapiestrecke der Erkrankung vor. Dieses Konzept ist im Februar 2021 in Deutschland als S3-Leitlinie veröffentlicht worden. Wir stellen Informationen zur neuen Leitlinie in fünf Autorenbeiträgen in diesem Heft und den folgenden Ausgaben vor. D ie Deutsche Gesellschaft für Parodontologie (DG PARO) hat in Zusammenarbeit mit 36 wis- senschaftlichen Fachgesellschaften, der Kassenzahnärztlichen Bundes- vereinigung (KZBV), der Bundeszahn- ärztekammer (BZÄK) sowie Patienten- organisationen die umfassende euro- päische S3-Leitlinie zur gesamten Therapiestrecke der Parodontitis der Stadien I bis III an das deutsche Gesundheitssystem angepasst und im Februar 2021 veröffentlicht. Nach einem aufwendigen Konsensuspro- zess sind nun 62 klinische Schlüssel- empfehlungen für alle Phasen der Parodontitistherapie publiziert wor- den, die Zahnärztinnen und Zahn- ärzten hierzulande eine maßgebliche Orientierungshilfe bei der Therapie- entscheidung zur bestmöglichen Versorgung parodontal erkrankter Patienten sein werden. Bisherige Leitlinien in der Parodon- tologie beschäftigten sich nur mit ei- nigen ausgewählten Aspekten der The- rapie – sie waren an klinischen Pro- zeduren orientiert und nicht an einer Erkrankung oder einer Diagnose. Mit der neuen S3-Leitlinie liegt nun erst- mals ein umfassendes Behandlungs- konzept für die gesamte Therapie- strecke der Parodontitis vor. DIE NEUE KLASSIFIKATION DER PARODONTALEN ERKRANKUNGEN Die neue S3-Leitlinie baut auf der zuvor international vereinbarten neuen Klassifikation parodontaler Erkrankungen auf. Ende 2017 hatte der World Workshop von EFP und American Academy of Periodonto- logy (AAP) in Chicago mit wichtiger deutscher Beteiligung ein neues, sehr differenziert strukturiertes Klassifika- tionssystem erarbeitet, das einen Parodontitisfall in einer multidimen- sionalen Matrix nach Schweregrad, Komplexität, Ausdehnung, historischer Progressionsrate sowie den Risiko- und Komplikationsfaktoren des Patienten individuell beurteilt und die fast 20 Jahre gültige, aber unbefriedigende Einteilung in chronische und aggres- sive Parodontitis abgelöst hat. Durch dieses System werden die wesentlichen Faktoren für die pathophysiologisch sinnvolle Einteilung eines Falles ab- gefragt und eine personalisierte Dia- gnose im Sinne der Präzisionsmedizin ermöglicht (siehe zm 13/2018, zm 11, 12, 13, 14/2019). DIE EUROPÄISCHE S3-LEITLINIE ZUR PAR-THERAPIE Schon zum damaligen Zeitpunkt hatte das Workshop Committee der EFP (Berglundh, Chapple, Jepsen, Sanz, Tonetti) den Beschluss gefasst, in einem nächsten Schritt an dieser Klassifikation und dem Schweregrad beziehungsweise der Komplexität der Foto: EFP Abb. 1: Die Vorsitzenden und Ko-Vorsitzenden der EFP-Arbeitsgruppen auf dem EFP-Workshop vom November 2019 in Madrid (v.l.n.r.): David Herrera, Moritz Kebschull, Ina Kopp, Søren Jepsen, Mariano Sanz, Iain Chapple, Tord Berglundh, Anton Sculean, Maurizio Tonetti PROF. DR. MORITZ KEBSCHULL Chair of Restorative Dentistry The School of Dentistry, University of Birmingham 5 Mill Pool Way, Edgbaston Birmingham B5 7EG, England moritz@kebschull.me Foto: privat 42 | ZAHNMEDIZIN

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