Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 8

zm 111, Nr. 8, 16.4.2021, (746) MKG-CHIRURGIE Ausgedehnte Epidermoidzyste des gesamten Mundbodens und des Kinns Marcin Bierc, Jens Rabbels Der Patient kam erst in die Klinik, als es zu Schluck- und Sprachstörungen kam. Er hatte Glück, dass sich die ausgedehnten Schwellungen als gutartige Läsionen – Epidermoidzysten – erwiesen. Bei der gegebenen Symptomatik können allerdings immer auch maligne Prozesse infrage kommen. Deshalb ist eine gründliche klinische Untersuchung und Differenzialdiagnostik obligat. E in 21-jähriger Mann stellte sich zur Abklärung einer schmerz- losen, seit etwa einem Jahr be- kannten Schwellung des Kinns und des Mundbodens in unserer Klinik vor. Anamnestisch berichtete er über eine langsam über zwei Jahre hinweg zunehmende Schwellung. Inzwischen bestünden eine deutlich eingeschränkte Zungenbeweglichkeit sowie eine Schluck- und Sprachstörung. Bei der klinischen Untersuchung zeigte sich eine mäßig ausgeprägte, weiche, schmerzlose submentale Schwellung. Die Haut im Bereich des Kinns war unauffällig. Klinisch bestand keine Vergrößerung der regionalen Lymph- knoten oder der Speicheldrüsen (Ab- bildung 1). Intraoral stellte sich eine deutlich ausgeprägte, weiche Schwel- lung des Mundbodens mit deutlicher Verdrängung des Zungenkörpers nach palatinal dar. Die Mundschleimhaut war ansonsten unauffällig. Die Speichelsekretion, insbesondere der Glandula submandibularis beidseits, war regelrecht. Außer einem sanie- rungsbedürftigen Gebiss bei schlech- ter Mundhygiene waren keine Auffäl- ligkeiten festzustellen (Abbildung 2). Zur Diagnostik erfolgten eine Sono- grafie sowie eine Magnetresonanz- tomografie des Halses. Hierbei kamen zwei voneinander getrennte zystische Raumforderungen submental und im Bereich des Mundbodens zur Darstel- lung: Die submentale Raumforderung mit einer Größe von maximal 3,5 cm war direkt zwischen der Hautober- fläche und dem M. mylohyoideus, dem Unterkieferknochen angrenzend, lokalisiert. Die zweite Raumforderung mit einer Größe von 6,5 cm erstreckte sich großflächig entlang des gesamten Mundbodens, oberhalb des M. mylo- hyoideus, mit resultierender Verdrän- gung der tiefen Zungenmuskulatur und des Zungenkörpers sowie direkter Nachbarschaft zum Ausführungsgang und der Glandula submandibularis beidseitig und ohne Kontakt zum Zungenbein (Abbildungen 3 bis 5). Aufgrund der Ausdehnung und der Lokalisation beider Läsionen erfolgte die operative Entfernung über einen extraoralen Zugang unter Schonung der Mundbodenstrukturen (Abbildun- gen 6 und 7). Makroskopisch präsen- tierten sich zwei ovale, prall-elastische Raumforderungen. Nach Eröffnung entleerte sich reichlich gelblich talg- artiger Inhalt (Abbildungen 8 und 9). Nach der Aufarbeitung des Präparats zeigte das histologische Bild zwei DR. MED. MARCIN BIERC Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichts- chirurgie, Plastisch-ästhetische Operationen Zentrum für Implantologie, Klinikum der Landeshauptstadt Stuttgart gKAöR Kriegsbergstr. 60, 70174 Stuttgart m.bierc@klinikum-stuttgart.de Foto: Klinikum Stuttgart Abb. 1: Deutlich sichtbare enorale submentale Raumforderung 88 | ZAHNMEDIZIN

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