Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 10

zm112, Nr. 10, 16.5.2022, (1005) Prof. Dr. Dr. Joseph Kastenbauer verstorben Plötzlich und unerwartet ist am 3. April 2022 Prof. Dr. Dr. Joseph Kastenbauer (* 6. Juli 1945), langjähriger Präsident der Bayerischen Landeszahnärztekammer (BLZK), verstorben. Eine große Zahl an politischen Weggefährten und Freunden nahm im Rahmen einer bewegenden Trauerfeier in der Pfarrkirche von Ising/Chiemgau gemeinsam mit seiner Familie Abschied. Nicht nur in seiner Berufsvertretung, für die er sich seit 1980 engagierte, sondern weit darüber hinaus hat Kastenbauer tiefe Spuren hinterlassen. Von 1990 bis 2001 gab er den Zahnärzten als ihr Präsident auf der politischen und gesellschaftlichen Bühne im Freistaat Bayern ein Gesicht und eine Stimme. Er war Vizepräsident des Verbands Freier Berufe in Bayern (vfb) und Mitglied des Bayerischen Senats. Mit großem Einsatz entwickelte er seine Kammer zu einem leistungsfähigen Dienstleister für die bayerischen Zahnärzte. Fachliche Grundlage seines erfolgreichen Wirkens waren das Studium der Medizin und Zahnmedizin in München und Erlangen sowie seine freiberufliche Tätigkeit als niedergelassener Zahnarzt von 1973 bis 2015 in Altötting. Auf dieser Basis nahm Kastenbauer vielfältige Herausforderungen und Aufgaben – nicht nur in der Standesvertretung – wahr. Sein besonderes Augenmerk galt der zahnärztlichen Fort- und Weiterbildung. Gleich zwei Akademien – in München und Nürnberg, heute unter dem Dach der Europäischen Akademie für zahnärztliche Fort- und Weiterbildung (eazf) zusammengeschlossen – wurden unter seiner Ägide zu einem Qualitätsmerkmal zahnärztlicher Selbstverwaltung. In der Erkenntnis, dass der Berufsstand einer zunehmenden Deutungshoheit der Krankenkassen in der Gesundheitspolitik etwas entgegensetzen müsse, gab Kastenbauer – gemeinsam mit Dr. Dr. Jürgen Weitkamp (Westfalen-Lippe) und Dr. Dr. Henning Borchers (Niedersachsen) – den Impuls für die Gründung der Akademie für freiberufliche Selbstverwaltung (AS). 1985 bereits wurde Kastenbauer Mitglied des Direktoriums der Akademie für Praxis und Wissenschaft (apw) der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK). Zahnmedizin blieb für ihn stets integraler Teil der Medizin. Von 1988 bis 2013 wirkte er als Lehrbeauftragter für Geschichte der Medizin/Zahnmedizin und Berufskunde; 2010 wurde er zum Honorarprofessor für das Fachgebiet Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde an der LMU München ernannt. Sein Wissen, seine Erfahrung an künftige Kolleginnen und Kollegen weiterzugeben, war für ihn eine Passion. Auf Bundesebene stand der bayerische Kammerpräsident für die „liberalitas bavariae“ und beschritt mit seinen standespolitischen Kombattanten in der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Zahnärzte einen eigenen Weg, der letztlich zur Bundeszahnärztekammer (BZÄK) führte. In deren Vorstand vertrat er die „bayerischen Farben“. Als „homo politicus“ ging Kastenbauer keiner Auseinandersetzung mit der seinerzeit beginnenden „Kostendämpfungspolitik“ im Gesundheitswesen, keinem Streit mit den damals in Bundesregierung oder Staatsregierung Verantwortlichen aus dem Weg, – ob sie nun Seehofer oder Stoiber hießen. Zugleich entwickelte er mit vielen Kollegen im Freien Verband Deutscher Zahnärzte (FVDZ) und der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) eigene gesundheitspolitische Versorgungsmodelle, die heute Teil der Gesetzgebung im Sozialversicherungsrecht sind. Daneben stand Kastenbauer für das soziale Engagement von Zahnärzten. 1999 bis 2018 sorgte er als Honorarkonsul von Togo für die Länder Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen mit Leidenschaft und großem Einsatz, gemeinsam mit seiner Frau Marita, für Verbesserungen im Bereich der Bildung und der Gesundheitsfürsorge in diesem westafrikanischen Land. Die von ihm angestoßenen Projekte betrafen die medizinische Versorgung, Verbesserungen im Wassermanagement und den Bau und Erhalt von Schulen. Für sein Engagement erhielt Joseph Kastenbauer hohe Auszeichnungen, so das Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland, den Bayerischen Verdienstorden, das Goldene Ehrenzeichen der Bundeszahnärztekammer und das Ehrenzeichen der Bayerischen Landeszahnärztekammer. Die bayerische Zahnärzteschaft trauert um einen höchst kompetenten zahnärztlichen Kollegen, einen politischen Mahner und Gestalter, einen Mann mit festen Grundsätzen und einem unerschütterlichen Glauben, tief verwurzelt in seiner bayerischen Heimat. Rechtsanwalt Peter Knüpper BLZK-Hauptgeschäftsführer 1995 bis 2017 PERSÖNLICHES | 87

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