Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 13

zm112, Nr. 13, 1.7.2022, (1282) Durch den erhöhten Glukoseanteil im Blut bei einem insuffizient eingestellten Diabetiker, kommt es zur nichtenzymatischen Glykosylierung (Anbindung von Zucker an NichtZucker-Verbindungen) von Proteinen, was zur Bildung von sogenannten Advanced Glycation End Products (AGE) führt. Binden diese AGE an ihren RAGE-Rezeptor auf Monozyten, kommt es zur verstärkten Produktion und Ausschüttung inflammatorischer Mediatoren, insbesondere IL-1β, TNF-α und IL-6 [Lalla et al., 2001]. Zudem sind die AGE an der Entstehung von oxidativem Stress in Endothelzellen und PMN beteiligt [Vlassara, 2001; Wong et al., 2003]. Weiterhin haben AGE einen Effekt auf den Knochenstoffwechsel, insbesondere auf eine verschlechterte ossäre Heilung und Störung der extrazellulären Matrix [Santana et al., 2003; Cortizo et al., 2003]. Insgesamt kommt es durch die Bildung von AGE zur verstärkten Inflammation, zu oxidativem Stress, zur Störung der Vaskularisation (Mikroangiopathien) sowie zur Beeinflussung des Knochenstoffwechsels, was sich in der Summe auf die Schwere und die Ausprägung parodontaler Erkrankungen auswirkt. Darüber hinaus beschreiben aktuelle Studien weitere Aspekte, wie die mögliche Rolle einer mitochondrialen Dysfunktion, einer Autophagie sowie den Cross-talk zwischen Adenosin Monophosphat-aktivierter Proteinkinase (AMPK) und dem Renin-Angiotensin System (RAS) [Portes et al., 2021]. Hier ergibt sich eine spannende Perspektive für die weitere Untersuchung der Kausalzusammenhänge beider Krankheitsbilder. GEMEINSAMER RISIKOKOMPLEX Chronische Erkrankungen der Zähne und des Zahnhalteapparats haben auf Patientenebene einige Gemeinsamkeiten zum Diabetes mellitus: So handelt es sich um Zivilisationserkrankungen, die durch zahlreiche erworbene Faktoren beeinflusst werden können. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Patienten mit einer Parodontitis und/oder einer Diabeteserkrankung einen gemeinsamen Risikokomplex aufweisen. Grundsätzlich sind sowohl Diabetes (Typ II) als auch Parodontitis überwiegend Lebensstil-assoziierte Erkrankungen. Hierbei spielen unter anderem eine ungesunde Ernährung und damit einhergehend Adipositas eine bedeutende Rolle. Aber auch ein erhöhter Alkoholkonsum, Rauchen und verminderte Bewegung stellen mögliche Risikofaktoren dar. Zudem sind häufiger Patienten im fortgeschrittenen Alter von einer oder beiden Erkrankungen betroffen [Borgnakke, 2016; Negrato et al., 2013]. Auf der anderen Seite weisen Patienten mit diesen ErAbb. 3: Diabetespatienten haben ein komplexes orales Erkrankungsrisiko. Neben der Parodontitis liegt auch ein erhöhtes Risiko für Karies und Mundschleimhauterkrankungen vor, das sich aus den Einflüssen des Diabetes auf die Mundhöhle und einiger (fakultativer) Begleitfaktoren ergibt. Quelle: Gerhard Schmalz ZÄ DEBORAH KREHER Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie, Universität Leipzig Liebigstr. 12, Haus 1, 04103 Leipzig Foto: privat Orales Erkrankungsrisiko von Diabetespatienten 40 | ZAHNMEDIZIN

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