Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18

zm112, Nr. 18, 16.9.2022, (1770) VON DER SAALE NACH STOCKHOLM Ein deutscher Kaufmannssohn wird Königlicher Hofzahnarzt in Schweden Uwe Kraus Der erste offizielle Hofzahnarzt am schwedischen Königshof war ein Deutscher: Joel Assur. Der jüdische Kaufmannssohn aus Bernburg an der Saale genoss einen ausgezeichneten Ruf und veröffentlichte die erste zahnmedizinische Monografie auf Schwedisch. Darin warnte er vor dem schlechten Einfluss von Zucker auf die Zähne. Was gibt es Schöneres als einen mit schönen Zähnen geschmückten und gut ausgestatteten Mund, dessen Weiße durch die leuchtend rote Farbe des Zahnfleisches noch verstärkt wird? Macht diese Farbabstufung in Verbindung mit der Anordnung der Zähne nicht ein attraktives Objekt aus? Andersherum, wie unangenehm ist Zahnlosigkeit? Sobald ein Mund in diese schadhafte Situation geraten ist, passiert Folgendes: Die Stimme verändert sich, die Aussprache leidet, die Wangen sind hohl und hängen herab, das Kinn hebt sich und zeigt auf die Nase, die Zeichen des Alters folgen sichtbar auf diesen Verfall.“ Diese aus heutiger Sicht durchaus modernen Erkenntnisse schrieb Joel Assur, Hofzahnarzt beim Schwedenkönig Gustav IV., in seiner Arbeit „Kurze Mitteilung der häufigsten Zahnkrankheiten“ von 1799. Assur ist ein Beispiel dafür, wie es der zukunftsorientierten jüdischen Jugend in Deutschland Mitte des 18. Jahrhunderts gelang, sich in anderen Berufen als dem traditionellen Kaufmannsberuf zu etablieren. Assur gilt als Schwedens erster zugelassener Zahnarzt im modernen Sinne – und stammt aus Bernburg an der Saale in Sachsen-Anhalt. Dort kam er als Sohn des jüdischen Kaufmanns Anschel Levin Joel Assur zur Welt. Wo Assur ausgebildet wurde, ist bisher unklar. Aber er genoss einen guten Ruf, der ihn in den 1780erJahren als Zahnarzt an den Hof des Großherzogs von MecklenburgStrelitz führte. 1791 wanderte er – nach einer weiteren Berufsstation in Stralsund – aus Mecklenburg aus und ließ sich als Zahnarzt in Stockholm nieder. Sein medizinisches Können verschaffte ihm hohes Ansehen, so dass er ab 1792 zum „Königlicher Hofzahnarzt“ beim Schwedenkönig ernannt wurde. Er zählte zu den ersten Juden, denen die Ansiedlung in Schweden erlaubt wurde. DER ZAHNARZT SOLLTE KEIN SCHARLATAN MEHR SEIN Zu dieser Zeit gab es das Berufsbild des Zahnarztes in Schweden noch nicht, abgesehen davon, dass seit 1663 für die Berufsausübung eine Genehmigung erforderlich war und O. H. Wallgren: Joel Assur, 1825, Öl, Schwedische Zahnmedizinische Akademie Foto: artist O.H. Wallgren, photographer Peter Segemark/Nordiska Museet. 80 | GESELLSCHAFT

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