Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18

zm112, Nr. 18, 16.9.2022, (1771) dass es verboten war, andere Formen der Gesundheitsfürsorge auszuüben. Chirurgen, aber auch Quacksalber, Friseure und Bader nannten sich Dentisten, Zahnärzte oder auch Zahnkünstler. Erst 1797 stellte man klarere Regeln auf, und Assur erhielt seine Zulassung. 1799 veröffentlichte der Hofzahnarzt aus Bernburg ein Buch über die Kunst der Zahnheilkunde – die erste zahnmedizinische Monografie, die auf Schwedisch veröffentlicht wurde. In seinem Buch gab er zu, dass Zahnärzten in dieser Zeit „wenig Achtung entgegengebracht wurde“, da „sie mit Scharlatanen und Abenteurern zur selben Klasse gehören“. Es war eine bahnbrechende Schrift: Er forderte als erster in Schweden die Öffentlichkeit auf, sich die Zähne mit Zahnbürste und Zahnpasta zu putzen, und warnte vor der schlechten Wirkung von Zucker auf die Zähne. Assur hatte eine große Familie und trotz seiner – kleinen – Pension vom König wenig Geld, was ein Grund gewesen sein kann, dass er 1821 noch einmal in die Heimat nach Bernburg zurückkehrte. Dort offerierte er interessierten Patienten stomatologische Behandlungen. In den „Anhalt-Bernburgischen Wöchentlichen Anzeigen“ vom 18. August 1821 annoncierte er auf Seite 212 seine Dienste als „Zahnoperateur“ (siehe Anzeigenausschnitt). Dazu gehörten das Einsetzen von Zähnen und eine von ihm selbst erfundene Zahnreinigung. Als temporäre Praxis nutzte er von 8 bis 19 Uhr die Wohnung seines Bruders, Hoftanzmeister Moses Assur. Joel Assur starb am 16. November 1837 in Stockholm und liegt in Kronobergsparken begraben. Auf dem Grabstein wird er „der alte gelehrte Khabern Herr Joel ben Ascher Segal“ genannt. Sein Sohn Axel Assur wirkte später in Russland als Zahnarzt, Sohn Josua und Tochter Amalia praktizierten in Schweden. Wegen seiner Größe wurde Josua „Langer Assyrer“ genannt. Er starb 1868 und wurde auf dem jüdischen Friedhof Aronsberg in Stockholm bestattet. SEINE TOCHTER WAR ERSTE ZAHNÄRZTIN IN SCHWEDEN Amalia ging wie ihr Vater in die schwedische Medizinhistorie ein. Sie wurde am 8. Juni 1803 in Stockholm geboren und gilt als die erste weibliche Zahnärztin in Schweden. Die anerkannte Dentalhygienikerin heiratete nie und blieb alleinstehend. Sie wurde von ihrem Vater ausgebildet und war schon früh als seine Assistentin tätig. Amalia wurde schließlich bei den Behörden angezeigt, weil sie ohne Lizenz praktizierte. 1852 erhielt sie eine Sondergenehmigung des Königlichen Gesundheitsamtes, um unabhängig als Zahnärztin zu praktizieren. Es handelte sich dabei um eine persönliche Ausnahmegenehmigung, da der Beruf der Zahnärztin für Frauen noch nicht zugelassen war. Erst im Jahr 1861 wurde der Beruf des Zahnarztes offiziell für Frauen geöffnet. Amalia Assur war in ihrem Beruf eine Pionierin. Die erste Frau, die nach der Öffnung des Berufs in Schweden eine Approbation erhielt, war Rosalie Fougelberg, zu deren Patientinnen später die niederländische Königin Louise zählte. Amalia Assur starb mit 86 Jahren 1889 und ging in die Annalen der schwedischen Medizin ein. \ UWE KRAUS c/o Agentur Ideen:Gut Domplatz 48, 38820 Halberstadt kraus@ideengut.info Foto: Jan Arndt / Ideen:Gut Anzeigenseite „Anhalt-Bernburgische Wöchentliche Anzeigen“ (Ausschnitt), August 1821 ZM-LESERSERVICE Literatur zum Artikel kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. GESELLSCHAFT | 81

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