Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 1-2

zm113 Nr. 01-02, 16.01.2023, (17) ZAHNMEDIZIN | 17 STUDIENLAGE Obwohl es eine große Anzahl von Studien zum viruziden Effekt von unterschiedlichen Mundspüllösungen gibt, lassen sich bisher nur fünf randomisierte, kontrollierte Studien identifizieren, die einen Nachweis in einem klinischen Setting erbrachten. Drei dieser Pilotstudien schlossen nur 24 Patienten (12 Verum / 12 Placebo) ein. Eine größere, nicht-verblindete, randomisierte, klinische Studie zeigt, dass Chlorhexidin-Mundspüllösungen die virale Last im nasopharyngealen Raum vier Tage nach dem Beginn der Anwendung reduzierten. Diese Zeit könnte aber mit der natürlichen Viruslast-Abnahme überlappen. In einer Multi-Center-, randomisierten, doppel-blinden, kontrollierten Studie wurde die einmalige Anwendung (1 Minute) einer Mundspüllösung mit β-Cyclodextrin und Citrox untersucht. Auch hier kam es zu einer, wenn auch moderaten Reduktion der viralen Last im Speichel. Allerdings war die Verringerung erst nach vier Tagen nachweisbar. Unwohlsein, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen, gastrointestinale Symptome). Die Patienten, die bereits orale antiseptische Maßnahmen (beispielsweise Mundspüllösungen, Pasten) in den vergangenen 24 Stunden angewendet hatten, wurden ausgeschlossen. Die Probanden wurden randomisiert auf zwei Gruppen verteilt. Die eine spülte mit 15 ml destilliertem Wasser, das so eingefärbt war wie die VerumMundspüllösung. Die andere spülte mit 0,07 Prozent CPC-Mundspüllösung. Alle Patienten waren positiv auf SARS-CoV-2 getestet und wurden so trainiert, dass sie selbst 1 bis 1,5 ml unstimulierten Speichel in einem speziellen Sammelgefäß abgeben konnten. Die Teilnehmer sammelten den Speichel vor der Anwendung der Mundspüllösung und eine beziehungsweise drei Stunden nachher. Da nur Studienteilnehmer ausgesucht wurden, die nicht hospitalisiert werden mussten, konnten die Probanden nach Abgabe der ersten Speichelprobe (vor der Spüllösung) nach Hause geschickt werden. Die entsprechenden Speichelproben wurden vom Studienpersonal zu Hause abgeholt, anschließend aufbereitet und analysiert. Bestimmt wurden die virale RNA-Menge und die Höhe des Nucleocapsid-Proteinspiegels im Speichel. Ergebnisse Von den primär eingeschlossenen 118 Patienten wurden 58 in der Kontrollgruppe und 60 in der Verumgruppe nachuntersucht. Zu Beginn der Studie ließ sich kein statistisch signifikanter Unterschied bezüglich der Viruslast und des Nucleocapsid-Proteingehalts zwischen den beiden Gruppen im Speichel feststellen. Die Virusmenge im Speichel (RT-PCR-Messung) blieb über den gesamten Zeitraum stabil, während der Nucleocapsid-Proteinlevel in der CPC-Gruppe signifikant stieg. Einordnung und Diskussion Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die viruzide Aktivität des CPC gegen SARS-CoV-2 mit der vorliegenden Studie deutlich nachgewiesen werden konnte. Bei nicht hospitalisierten Patienten mit asymptomatischer, milder Symptomatik bezüglich einer SARSCoV-2-Infektion ließ sich nämlich im Speichel ein signifikanter Anstieg des Nucleocapsid-Proteingehalts feststellen. Dies deutet auf eine Disruption der Viruspartikel hin. Die Studie zeigt auch, dass die Bestimmung der Virus-RNA möglicherweise nicht die richtige Methode für die Überprüfung der Aktivität von antiviralen Agenzien ist. Dies gilt insbesondere für Bestandteile von Mundspüllösungen, die gegen die Virushülle gerichtet sind. Auch vorherige Studien lassen vermuten, dass die virale RNA im Speichel persistieren kann, wenn die Viruspartikel selbst zerstört wurden. Die vorliegende Studie deutet darauf hin, dass CPC-haltige Mundspüllösungen möglicherweise die Virusverbreitung reduzieren können. Ein einminütiges Spülen mit CPC-Lösungen ist kostengünstig und scheint mindestens drei Stunden nach der Spülung noch effektiv zu sein. Insofern könnte eine solche Spüllösung ein Element in der Praxis darstellen, das neben anderen Schutzmaßnahmen präventiv gegen eine Ansteckung mit SARS-CoV2-Viren wirksam sein kann. So könnte eine Anwendung vor einer zahnärztlichen Behandlung die Viruslast im Speichel infizierter Patienten senken. Originalpublikation: Alemany A et al.: Cetylpyridinium Chloride Mouthwash to Reduce Shedding of Infectious SARS-CoV-2: A Double Blind Randomized Clinical Trial; J Dent Res 10: 1450-1456 (2022) Prof. Dr. Elmar Hellwig, Universitätsklinikum Freiburg, Department für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie Hugstetter Str. 55, 79106 Freiburg Foto: privat

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