Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 4

zm113 Nr. 04, 16.02.2023, (234) 44 | TITEL Bei der Extraktion des zu transplantierenden Zahnes kommt es zu einer vollständigen Ruptur des Gefäß-NervenBündels und der parodontalen Fasern. Der Behandlungserfolg der Transplantation hängt dann von dem Heilungsprozess des Gewebes nach dem erfolgten chirurgischen Eingriff ab [Chawaja-Pawelec, 2010]. Die pulpale Heilung ist in der Regel durch die Wiederherstellung der Kanalstrukturen inklusive der Gefäßund Nervversorgung gekennzeichnet. Dabei ist die Vorhersagbarkeit dieses Heilungsprozesses stark abhängig vom Durchmesser des apikalen Foramens [Andreasen et al., 1990]. So konnte im Tiermodell gezeigt werden, dass schon 30 Tage nach der Autotransplantation von Zähnen mit nicht abgeschlossenem Wurzelwachstum neues Gewebe, bestehend aus gut organisiertem und vaskularisiertem Bindegewebe, in die Zähne einwachsen konnte und dass eine ausreichende Gefäßversorgung das Überleben der pulpalen Zellen sichert [Claus et al., 2004; Kim et al., 2006]. Die pulpale Heilung kann klinisch durch einen positiven Vitalitätstest oder radiologisch durch eine Obliteration des Wurzelkanals diagnostiziert werden [Andreasen et al., 1990]. Die parodontale Heilung ist abhängig von der Anzahl der vitalen Zellen auf der Wurzeloberfläche. Für eine erfolgreiche Heilung ist somit eine schonende Extraktion mit minimaler Beschädigung des parodontalen Ligaments erforderlich [Tsukiboshi, 2002]. Eine Beschädigung des parodontalen Ligaments kann zu einer externen entzündlichen Resorption oder Ersatzresorption (Ankylose) führen. Dabei wird die Wurzelresorption durch die immunologische Abstoßung und Entzündung des Wirts gegenüber dem Spendergewebe verursacht [Schwartz und Andreasen, 2002]. Erfolgsfaktoren Die Patientenfälle zeigen, wie eine erfolgreiche Autotransplantation von Weisheitszähnen durchgeführt werden kann. Jedoch können auch bei diesem operativen Verfahren Probleme auftreten. In der Literatur sind Komplikationen wie eine entzündliche RePATIENTENFALL 2: AUTOTRANSPLANTATION VON 18 IN REGIO 16 MIT SIMULTANEM SINUSLIFT Der 18-jährige Patient stellte sich in unserer Praxis zur operativen Entfernung der Zähne 18, 28, 38 und 48 und zur Besprechung möglicher Therapieoptionen für eine Schaltlücke distal von 15 vor. Klinisch zeigte sich eine Nichtanlage des Zahnes 12, die bereits durch Mesialisierung der Zähne 13 bis 15 kieferorthopädisch behandelt wurde. Aufgrund der Schwierigkeit der körperlichen Bewegung der Oberkiefermolaren wurde die daraus resultierende Lücke distal des Zahnes 15 für die spätere Versorgung mit einem Implantat kieferorthopädisch offengehalten. Auf dem vom Hauszahnarzt angefertigten Orthopantomogramm (Abbildung 6) konnte nicht eindeutig beurteilt werden, inwieweit die Lücke breit genug für die Autotransplantation eines 8ers ist. Daher wurde von uns zunächst ein DVT zur weiterführenden Diagnostik und Fallplanung erstellt. Hierauf zeigte sich zwar eine ausreichende Breite der Schaltlücke für die geplante Autotransplantation des Zahnes 18, jedoch auch eine unzureichende Knochenhöhe für die Aufnahme des zu transplantierenden Zahnes (Abbildung 7). Dies war auf der 2-D-Aufnahme aufgrund einer breiten bukkalen Knochenwand des Sinus maxillaris nicht ersichtlich. Nach eingehender Beratung des Patienten über die therapeutischen Möglichkeiten entschied er sich für die Autotransplantation mit simultaner Sinusbodenelevation. Für die geplante Operation wurde zunächst anhand des DVTs über ein CAD/CAM-Verfahren eine Kopie des Zahnes 18 aus sterilisierbarem Kunststoff hergestellt (Abbildung 8). Hiermit lässt sich das Knochenfach für den zu transplantierenden Zahn schon vor dessen Entfernung exakt anlegen — dadurch wird die Verweildauer des autotransplantierten Zahnes ohne Blutversorgung maximal reduziert. Auf Wunsch des Patienten fand die OP unter Intubationsnarkose statt. Nach Einleitung und Lokalanästhesie der Regio 15 bis 18 erfolgte die Vorbereitung des Knochenfachs für die spätere Aufnahme des Zahnes 18. Hierzu wurde nach krestaler Schnittführung und Bildung eines Mukoperiostlappens zunächst mittels Kugelfräse eine grobe Kavität bis nahe an den Boden des Sinus maxillaris vorpräpariert (Abbildung 9). Um das Risiko einer Perforation der Schneiderschen Membran weitestgehend zu reduzieren, erfolgte die weitere Präparation piezochirurgisch (Abbildung 10). Zur besseren Übersicht musste intraoperativ die kieferorthopädische Multibandapparatur distal von 15 entfernt werden. Nach Darstellung und Mobilisation der Schneiderschen Membran erfolgte die finale Aufbereitung und Anpassung des Zahnfaches unter Verwendung des „Zahndummys“ (Abbildung 11). Dabei wurde das Knochenfach soweit präpariert, bis sich der Zahndummy ohne direkten Kontakt mit seinem Knochenfach spannungsfrei in die gewünschte Position bewegen ließ. Erst hiernach erfolgte die möglichst atraumatische operative Entfernung und Transposition des Zahnes 18 in das vorbereitete Knochenfach. Die semipermanente Schienung an den Nachbarzähnen erfolgte in diesem Fall mittels Titan-Trauma-Splint (Abbildung 12). Auch hier erhielt der Patient eine prolongierte Antibiose (Doxycyclin 100 mg/Tag) für insgesamt sieben Tage, eine 0,2-prozentige Chlorhexidindigluconat-Spüllösung und ein Analgetikum (Ibuprofen 400 mg). Bei der Wundkontrolle nach sechs Tagen zeigten sich gute Wundverhältnisse (Abbildung 13). Nach zehn Tagen erfolgte die Nahtentfernung. Die Entfernung der semipermanenten Schienung wurde sieben Wochen postoperativ durchgeführt. Bei der klinischen und radiologischen Kontrolluntersuchung drei Monate post OP zeigten sich stabile und gesunde Verhältnisse (Abbildungen 14 und 15).

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