Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 3

40 | ZAHNMEDIZIN DER BESONDERE FALL MIT CME Risikofaktor Penicillinallergie? Daniel Stephan Aus einer vermeintlich harmlosen dentogenen Infektion entwickelt sich eine sekundär chronische Osteomyelitis. Dieser Fall zeigt, wie der Verdacht auf eine Penicillinallergie den Einsatz der optimalen Therapie verzögern und den Krankheitsverlauf möglicherweise negativ beeinflussen kann. Im August 2024 stellte sich ein 50-jähriger Patient – überwiesen durch den Hauszahnarzt mit der Verdachtsdiagnose eines Sublingualabszesses – in der Notfallambulanz der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsmedizin Mainz vor. Anamnestisch berichtete er von erstmalig im Februar 2024 aufgetretenen Beschwerden im rechten Unterkiefer, weshalb der Zahn 45 mittels Wurzelkanalbehandlung therapiert worden sei (Abbildung 1). Die endodontische Therapie konnte laut Hauszahnarzt allerdings nie abgeschlossen werden, da der Kanal nicht vollständig trockengelegt werden konnte. Im Juli sei es dann zu einer Exazerbation der Beschwerden gekommen, einhergehend mit einer ausgeprägten Schwellung der Wange. Nach antibiotischer Behandlung durch die orale Gabe von Clindamycin – aufgrund einer vermuteten Penicillinallergie – konnte vier Tage später der Zahn 45 extrahiert werden. Die Symptomatik persistierte jedoch und zeigte auch nach intraoraler Inzision und mehrfachem Streifenwechsel sowie Trepanation des Zahnes 46 keine Besserung (Abbildung 2). Die weitere Anamnese des Patienten war unauffällig. Bei der Erstvorstellung in der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie präsentierte sich das typische klinische Bild eines perimandibulären Abszesses. Noch am Aufnahmetag wurden daher die notfallmäßige Abszessinzision von extraoral sowie die Fokussanierung im Sinne der Extraktion des Zahnes 46 durchgeführt. Nach erneuter Bewertung der Penicillinallergie mittels PEN-FAST-Score wurde die Antibiose auf Amoxicillin/Clavulansäure umgestellt und bei regelrechtem stationärem Verlauf konnte der Patient in die ambulante Weiterbehandlung entlassen werden. Zwei Wochen später stellte sich der Patient mit erneuten Beschwerden und einer Überweisung vom niedergelassenen Oralchirurgen zur Abklärung einer Osteomyelitis in der MKG-chirurgischen Notfallambulanz vor. Da die Schmerzen und die Schwellung kurz nach Beginn seines MallorcaUrlaubs anamnestisch wieder aufgeflammt seien, habe ein dort tätiger Zahnarzt den Zahn 47 gezogen. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland sei eine Re-Inzision von intraoral durchgeführt worden, jedoch ohne Verbesserung der Beschwerden. Abb. 1: Präoperatives Orthopantomogramm mit apikaler Osteolyse am Zahn 45 (Februar 2024) Foto: Universitätsmedizin Mainz zm115 Nr. 03, 01.02.2025, (142) Dr. med. Daniel Stephan Klinik und Poliklinik für MKG-Chirurgie und Plastische Operationen, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: Universitätsklinikum Mainz ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden.

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