Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 3

ZAHNMEDIZIN | 73 zm115 Nr. 03, 01.02.2025, (175) VERHÄNGSNISVOLLE ARZNEIMITTELVERWECHSLUNG In zahnärztlichen Praxen werden im Vergleich zum ärztlichen Bereich nicht nur weniger Arzneimittel verordnet, sie sind auch auf wenige Therapiebereiche beschränkt. Dennoch ist das Thema „Arzneimitteltherapiesicherheit“ eine conditio sine qua non für die Zahnärzteschaft. Der Gemeinsame Bundesausschuss weist in seiner für alle Sektoren geltenden Richtlinie zum Qualitätsmanagement (QM) auch der „Arzneimitteltherapiesicherheit“ einen hohen Stellenwert zu. Es gilt bei der Verordnung und Verabreichung von Arzneimitteln, vermeidbare Risiken, die im Rahmen der Arzneimitteltherapie in der Praxis entstehen können, durch einrichtungsspezifisch geeignete Maßnahmen zu identifizieren. durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass einschlägige Empfehlungen im Umgang mit Arzneimitteln bekannt sind. einrichtungsspezifisch sicherzustellen, dass angemessene Maßnahmen ergriffen werden, um Risiken im Medikationsprozess zu minimieren. Der folgende Fall aus dem ärztlichen Bereich zeigt eindrucksvoll, wie schnell aus vermeintlich selbstverständlichen Abläufen heraus Risiken entstehen und zu unerwünschten Folgen führen können. Zugleich wird deutlich, wie schon einfache Maßnahmen im Vorfeld unerwünschte Ereignisse verhindern können. „CIRSdent – jeder Zahn zählt!“–Team Aus diesen Schäden wird man klug Dosierung in onkologischen Indikationen beträgt 70–100 mg/m² Körperoberfläche alle sechs Wochen. Bei dem Medikationsfehler erhielt der Junge 800 mg Lomustin in einer Woche, die übliche Dosis wäre bei dem Körpergewicht des Jungen 2 mg/ kg entsprechend 144 mg in sechs Wochen gewesen. Was das falsche Arzneimittel anrichtet Lomustin ist ein Alkylanz und führt zu Quervernetzungen zwischen den Einzelsträngen der DNA. Die Replikation wird gehemmt und die DNA- und Proteinbiosynthese gestört. Dadurch kommt es zur Inhibierung des Zellwachstums und zur Apoptose. Lomustin wird in Kombinationstherapie eingesetzt zur Therapie von Hirntumoren und Hirnmetastasen anderer Tumoren, von bösartigen Tumorerkrankungen der Haut (metastasierten, malignen Melanomen), von kleinzelligen Bronchialkarzinomen und bei fortgeschrittenem Morbus Hodgkin. Die Einnahme erfolgt als einzelne orale Dosis (70–100 mg/m² Körperoberfläche = 1,6–2,3 mg/ kg Körpergewicht) alle sechs Wochen. Patienten müssen laut Fachinformation ausdrücklich darauf hingewiesen sowie angewiesen werden, keine höheren Dosen als die vom Arzt empfohlene Dosis einzunehmen [medac, 2024]. Versagen nach dem „SchweizerKäse“-Modell Der englische Psychologe James Reason entwickelte in den 1990er-Jahren das „Swiss Cheese Model of System Accidents“ [Reason, 1995; Reason, 2000]. Dieses „Schweizer-Käse“-Modell beschreibt, dass aus einer Gefahrensituation nur dann ein Unfall oder ein unerwünschtes Ereignis entstehen kann, wenn die dazwischen liegenden Sicherheitsbarrieren (Menschen, technische Vorrichtungen, Kontrollstellen) versagen. Jede Barriere entspricht im Modell einer Käsescheibe. Versagt eine Sicherheitsbarriere, entsteht ein „Loch“ (ähnlich wie im Schweizer Käse).

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