Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 10

50 | ZAHNMEDIZIN Bruchflächen beider Teile aufgetragen und über die Oberfläche verteilt. Nach der Reposition des Fragments wird überschüssiges Material entfernt und die Frakturlinie von labial und palatinal lichtgehärtet. Empfohlen werden leistungsfähige Polymerisationslampen und längere Belichtungszeiten, um sicherzustellen, dass über die Zahnstruktur genügend Energie an die gesamte Klebefläche abgegeben wird. Das Kühlen des Zahnes mit Druckluft hilft, den Temperaturanstieg während der Polymerisation zu verringern und kann somit hitzebedingten Pulpaschäden vorbeugen. Kompositüberschüsse, die nach der Polymerisation im Bereich der Frakturlinie verbleiben, können einfach mit einem Skalpell entfernt und bei Bedarf poliert werden. Im Einzelfall kann bei einer geringen Klebefläche die Frakturlinie nach der adhäsiven Wiederbefestigung hohlkehlartig ausgeschliffen und anschließend mit Komposit aufgefüllt werden. Die Prognose nach einer Fragmentbefestigung wird in einer aktuellen klinischen Studie mit 84 Prozent nach einer durchschnittlichen Beobachtungsdauer von 20 Monaten angegeben, wobei Retentionsverluste in den meisten Fällen durch ein erneutes Wiederbefestigen erfolgreich behandelt werden konnten [Bissinger et al., 2021]. Erneute Traumata scheinen die Hauptursache für einen Misserfolg zu sein [Andreasen et al., 1995]. Im Fall von Kronen-Wurzel-Frakturen ist die adhäsive Fragmentbefestigung auch empfehlenswert, sofern die Fraktur suprakrestal verläuft und durch Elektrotomie oder Aufklappung suffiziente Bedingungen für adhäsive Maßnahmen geschaffen werden können. Gleichzeitig müssen zusätzliche kleinere Frakturen, die sich oftmals im palatinal-zervikalen Bereich der Wurzel befinden, ausgeschlossen werden. Die Datenlage zur klinischen Bewährung ist überschaubar. Studien zeigen sehr gute Ergebnisse innerhalb der ersten zwei Jahre [Eichelsbacher et al., 2009], aber auch erhöhte Komplikationsraten und einen negativen Einfluss auf die parodontale Gesundheit der versorgten Zähne nach einem Beobachtungszeitraum von acht Jahren [Soliman et al., 2020]. Kompositrestauration Wenn die adhäsive Fragmentbefestigung aufgrund fehlender oder multipler schwer positionierbarer Fragmente nicht infrage kommt, werden routinemäßig gängige Komposite für die Restauration frakturierter Zähne verwendet. Universalkomposite bieten eine vergleichsweise einfache Möglichkeit, frakturierte Zähne „freihändig“ oder unter Verwendung einer durchsichtigen Strip-Krone mit einer einzigen farblich passenden Kompositmasse aufzubauen [Krastl und Weiger, 2010]. Der Aufbau ist monochromatisch ohne individualisierte Farbgestaltung der verschiedenen Zahnregionen. In vielen Fällen erzielen Komposite aus Patientensicht völlig akzeptable Resultate, sofern die Zahnform korrekt umgesetzt wurde. Bei hohem ästhetischem Anspruch sind aufwendigere polychromatische Schichttechniken erforderlich. Die entsprechenden Ästhetikkomposite bieten Massen unterschiedlicher Opazität zur Wiederherstellung der Dentin- und Schmelzstrukturen und weisen somit ideale Voraussetzungen zur Nachahmung natürlicher Zähne auf. Während die initial mit Komposit erreichbaren ästhetischen Resultate unbestritten sind, wird die Langzeitprognose direkter Kompositaufbauten nach einem Zahntrauma kontrovers diskutiert [Macedo et al., 2006]. Einer aktuellen Metaanalyse zufolge beläuft sich die Erfolgsprognose von Klasse-IVRestaurationen nach zehn Jahren auf rund 90 Prozent [Heintze et al., 2015]. Allerdings ist gerade bei jungen Patienzm113 Nr. 10, 16.05.2023, (844) Prof. Dr. Hans-Jürgen Wenz, MME Klinik für Zahnärztliche Prothetik, Propädeutik und Werkstoffkunde, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Arnold-Heller-Straße 3, Haus B, 24105 Kiel Foto: UKSH Kiel Prof. Dr. med. dent. Gabriel Krastl Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie/Zahnunfallzentrum Universitätsklinikum Würzburg Pleicherwall 2, 97070 Würzburg Foto: privat Prof. Dr. med. dent. Kerstin Galler Ph.D. Klinikdirektorin, Zahnklinik 1 – Zahnerhaltung und Parodontologie, Universitätsklinikum Erlangen Glückstr. 11, 91054 Erlangen Foto: UK Erlangen Prof. Dr. med. dent. Matthias Widbiller Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie, Universitätsklinikum Regensburg Franz-Josef-Strauß-Allee 11, 93053 Regensburg Foto: UKR Empfehlung Fragmentbefestigung bei Kronen-Wurzel-Fraktur Empfehlungsgrad Konsensbasierte Empfehlung: Das bei Kronen-Wurzel-Frakturen meist vorhandene koronale Fragment kann adhäsiv befestigt werden, sofern durch Elektrotomie oder Aufklappung suffiziente Bedingungen für adhäsive Maßnahmen geschaffen werden können. Konsensstärke: starker Konsens

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