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107, Nr. 4, 16.2.2017, (368)
Ein 61-jähriger Mann stellte sich mit
einer seit mehreren Wochen progredienten
schmerzlosen Schwellung des rechten Ober-
kiefers vor. Der Patient klagte weder über
eine eingeschränkte Mundöffnung noch
über Schluckbeschwerden. Der behandelnde
und überweisende Zahnarzt hatte die
Verdachtsdiagnose eines vom Zahn 17 aus-
gehenden maxillären Abszesses gestellt
und den Patienten zur Weiterbehandlung in
die Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichts-
chirurgie überwiesen (Abbildung 1).
Bei der Anamneseerhebung gab der Patient
an, dass zunächst nur eine Rötung am Zahn
17 und erst danach die Schwellung aufge-
treten sei. Die Schwellung sei schmerzlos,
jedoch langsam progredient. Auch Sensibili-
tätsstörungen sowie die Entleerung von Blut
oder Pus seien nie aufgetreten. Der Patient
wies eine desolate Restbezahnung auf.
Nebendiagnostisch lagen eine voroperierte
Lippen-Kiefer-Gaumenspalte, ein Nikotin-
abusus, eine Adipositas sowie ein schweres
gemischtes Schlafapnoe-Syndrom vor.
Nach Anamnese, klinischer Untersuchung
und bildgebender Diagnostik mittels DVT
(Abbildung 2) erhärtete sich der Verdacht
auf ein Tumorgeschehen. Zur endgültigen
Abklärung wurden eine CT und eine MRT
von Kopf und Hals (Abbildungen 3 und 4),
eine Oberbauchsonografie, ein Röntgen-
Thorax, eine Skelettszintigrafie und eine
Biopsie der Raumforderung im Oberkiefer
sowie regio 44 und 45 geplant.
Das Staging zeigte keine Lymphknoten-
metastasen. In der Bildgebung wurde aus-
gehend vom harten Gaumen eine große
Raumforderung in der Mundhöhle beschrie-
ben. Die histopathologische Einordnung
der unklaren Veränderung des Oberkiefers
gestaltete sich diagnostisch schwierig.
Die abschließende Begutachtung sowie
die Konsultation eines Referenzpathologen
ergaben ein niedrig malignes Fibrosarkom
des Oberkiefers (FNCLCC Grading-System:
Grad 2) (Abbildung 5). Die Inzisionsbiopsie
regio 44 bis 45 zeigte lediglich eine regres-
siv veränderte Pseudozyste mit alten und
frischen Blutungsresiduen.
Es erfolgte eine R0-Resektion des Tumors zu-
sammen mit Oberkiefer- und Kieferhöhlen-
anteilen (Abbildung 6). Die Rekonstruktion
Der besondere Fall mit CME
Fibrosarkom des Oberkiefers
Daniel Schneider, Reinhard Bschorer, Michael Wöhlke, Peer W. Kämmerer
Der Fall beschreibt die seltene Entität eines Fibrosarkoms im Oberkiefer eines
Mannes. Primär wurde ein Abszess vermutet. Die detaillierte Analyse in der
Fachklinik ergab dann die Diagnose eines niedrig malignen Fibrosarkoms.
Fotos: Schneider
Abbildung 1: Überweisung durch einen niedergelassenen Zahnarzt bei Verdacht auf einen
maxillären Abszess: Klinisch auffallend sind ein desolater Restgebisszustand sowie eine imposante
Schwellung im Bereich des rechten Oberkiefers. Zudem liegt eine voroperierte Lippen-Kiefer-
Gaumenspalte vor.
Abbildung 2: Befund der Digitalen Volumentomografie (PSA-Darstellung): knöcherne Destruktion
des mittleren und des dorsalen Alveolarfortsatzes des rechten Oberkiefers im Bereich der Raum-
forderung, basale Verschattung beider Kieferhöhlen
Dentoalveolär: sanierungsbedürftiges Gebiss, tief kariös zerstörte Zähne 17, 27, 33 bis 43,
chronisch apikale Parodontitis der Zähne 42, 31, 32, zystische Läsion des rechten Unterkiefers
regio 44 bis 45
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