zm
107, Nr. 4, 16.2.2017, (363)
Energien liegen unter 100 Mikrojoule. Phy-
sikalisch gesehen kommt man hier in den
Bereich der nicht-linearen Optik (NLO).
In der linearen Optik hängen die Reflexions-,
Brechungs-, Absorptions- und Lichtausbrei-
tungseigenschaften des Gewebes nur von
ihm selbst und von der Laserfrequenz ab. In
der NLO sind sie eine Funktion der Intensität
(„Bestrahlungsstärke“). Und diese lässt sich
vom (non-invasiven) diagnostischen in
den (minimalinvasiven) Ablations-Bereich
steigern [5].
Anwendungen finden sich unter anderem in
der Ophthalmologie (etwa beim Präparieren
von Augenhornhaut-Lamellen mit dem 100-
Femtosekunden-Ti:Saphir-Laser). Im Ver-
gleich zu klassischen Lasern verringern sich
die Interaktionszeit zwischen Laser und Ge-
webe und die dabei aufgebrachte Energie-
menge erheblich. Das bedeutet für die
klinische Praxis: Wärme- und Schockwellen
sowie Schwingungen sind auf einen sehr
engen Raum begrenzt und dringen zum
Beispiel bei der Präparation eines Zahnes
mit einem Ultrakurzpulslaser nicht zur Pulpa
durch. Insofern kann es beim Patienten
auch zu keinen Schmerzempfindungen
kommen. Ein großes Stück Zahnarztangst
wird ihm damit genommen [6] – frei nach
James Bond: „gelasert, nicht gebohrt“.
Dabei ist der Abtrag der Zahnhartsubstanz
ähnlich effektiv wie bei der Turbine. Der mo-
derne Ultrakurzpulslaser löst den Excimer-
Laser (Gaslaser im Ultraviolett-Bereich) ab
und bietet endlich auch aus praktischer
Sicht eine Alternative zum Bohrer. Die
Ablationsraten beider Systeme liegen im
Bereich von 50 bis 60 Kubikmillimetern pro
Minute.
Die Zukunft der
Theragnostik
Das Arbeiten im zahnärztlichen Team könnte
sich durch den Ultrakurzpulslaser verein-
fachen und dabei effektiver gestalten. Denn
dank hoher Ablationsraten und der Auto-
fokus-Feedbacksysteme kann die Assistenz
sich im Wesentlichen auf Arbeitsschutz, Hy-
giene und Absaugen konzentrieren. Je nach
Patientenfall kann dann mit etwas weniger
Personal gearbeitet werden.
Die Lasertechnologie wird in vielen Bereichen
der Medizin vorangetrieben. Beispielsweise
forscht das Institut für Lasertechnologien
der Universität Ulm an einem neuartigen
Operationssystem auf Basis eines dioden-
gepumpten Er:YAG-Lasers für die atrauma-
tische Augen-OP des Grauen Stars, wobei –
so die Projektbeschreibung – „sowohl stein-
harte menschliche Linsen als auch im Auge
befindliches Weichgewebe“ hochpräzise ent-
fernt werden sollen. Eine solche Aufgaben-
stellung ließe sich für orale Gewebe ganz
ähnlich formulieren.
Wenn solche Formen der Mikro- oder gar
Nano-Laserchirurgie mit robotergestützten
3-D-Operationsverfahren durchgeführt
werden, könnte in Zukunft eine ganze Reihe
neuer schmerzfreier und erfolgssicherer
Behandlungsstrategien daraus erwachsen.
Darüber hinaus dürfte die Verbindung von
Therapie und Diagnostik („Theragnostik“)
noch so manche Überraschung bereithalten.
Schon heute ist es möglich, unter Nutzung
der unsichtbaren Infrarot-Strahlung und der
sichtbaren frequenzverdoppelten Strahlung
ein und desselben Nd:YVO
4
-Lasers Informa-
tionen über einen Kariesprozess zu erhalten,
besonders über den Abbau der organischen
Dentinmatrix (Alternative zum Röntgen)
und nach Intensitätssteigerung denselben
Laser zur Kavitätenpräparation einzusetzen
(Alternative zum Bohrer) [5].
Wohin die Reise geht und was aktuell für die
eigene Praxis interessant ist, lässt sich schon
im März auf der IDS 2017 in Köln erleben.
Dr. Christian Ehrensberger,
Dr. Anton Kasenbacher
Dentaljournalisten
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