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107, Nr. 1, 1.1.2017, (38)

und zwar an der Durchstichstelle von innen

nach außen, oder von außen nach in-

nen(Abbildung 6). Dies entspricht der Erfah-

rung der Ohrakupunktur, bei welcher Punk-

te der Ohr-Vorder- und Ohr-Rückseite (am

Durchstich!) dieselbe Indikation aufweisen.

Für den Zahnarzt bedeutsame Punkte finden

sich auf den Mittellinien-Meridianen extra-

oral im Lippenbereich: so der Punkt im Kinn-

grübchen mit Sofortwirkung auf den Würge-

reiz, ebenso zwischen Oberlippe und Nasen-

boden der Punkt mit Soforteffekt beim

Kollaps. Stimulation dieses Punktes bewirkt –

wie in einer Studie nachgewiesen – die

Unterbrechung von beginnenden epilepti-

schen Anfällen bei Kindern, was auf eine zen-

trale Wirkung schließen lässt (Abbildung 7).

Die beschriebenen Fernwirkungen über

spezielle Punkte sind über systemische Ver-

netzungen zu erklären, wie sie der Akupunk-

tur zugrunde liegen. Wesentlich ist aber

auch der Effekt des Lokalanästhetikums

selbst. In den letzten Jahren ist die entzün-

dungshemmende Wirkung speziell des

Procains nachgewiesen worden.

Schmerztherapie

auch kontralateral

Das mag die mögliche Beeinflussung einer –

meist durch Überhitzung ausgelösten – Pul-

pitis begründen, sofern an dem zugehöri-

gen, mitreagierenden Schleimhautpunkt ei-

ne „Heil-Injektion“ gesetzt wird. Die Wirk-

samkeit dieser Maßnahme – Reduktion der

Hyperämie und Entlastung der Pulpa – wird

begünstigt durch möglichst exaktes Treffen

von sensibilisierten enoralen wie auch

extraoralen

Mit-Reaktionspunkten

[Gleditsch JM., 2014].

Gleiches Vorgehen hat sich bei der postope-

rativen Situation bewährt: Der lokale

Schmerz lässt sich oftmals durch Injektion

von wenigen Tropfen eines schwachprozen-

tigen Lokalanalgetikums, präzise am Reakti-

onspunkt gesetzt, nachhaltig reduzieren. Bei

stärkerer Schwellung empfiehlt sich die kon-

tralaterale Therapie: Exakt symmetrisch zum

ipsilateralen Areal lässt sich oft kontralateral

ein Mit-Reaktionspunkt detektieren, am

besten mittels Very-Point-Technik. Wie ge-

sagt, gelten die gleichen funktionellen

Akupunktur-Wechselbeziehungen der fünf

Zahngruppen in allen vier Kieferquadranten,

was die Wirksamkeit der Symmetrie- und

Gegenkiefer-Therapie erklärt [Gleditsch JM.,

2014].

Bekanntlich ist auch bei der Trigeminus-

Neuralgie anfangs nur die Therapie über

Kontralateral-Punkte verantwortbar und

zumutbar. Bewährt hat sich – auch bei

orofazialen Schmerzzuständen – eine „Um-

kreisungs-Therapie“ mittels Nadelung,

Injektion,

beziehungsweise Softlaser-

Einstrahlung: anfangs nur kontralateral im

Gesicht, wie auch enoral, und erst nach An-

sprechen der Therapie ipsilateral, allerdings

hier erst nur retromolar (Abbildung 8).

Zusammenfassung

und Ausblick

Diese Darstellung der Mundakupunktur

möge den Zahnarzt zu komplementären

Möglichkeiten anregen, speziell zur Lösung

der die tägliche Routine belastenden Pro-

blemfälle. Bei diesen hält die Methode –

auch wenn sie keine Wunder herbeiführen

kann – viele sinnvolle Maßnahmen bereit.

Allerdings sind fachgerechte Ausbildung

und Supervision erforderlich. Mit zuneh-

mender Erfahrung wird der Zahnarzt inspi-

riert und auch zu weiterführenden Konzep-

ten ermutigt.

Dr. med. Jochen Gleditsch

Hetzendorfer Straße 92 A/2/1

1120 Wien

jgleditsch@aon.at

Die Literaturliste kann auf

www.zm-online.de

abgerufen oder in der Redaktion angefordert

werden.

Abbildung 7:

Der Reflexpunkt

gegen den Würgereiz

auf der Medianen im

Kinngrübchen

Abbildung 8:

In der Schmerzthera-

pie hat sich auch der

Einsatz von Softlaser-

Einstrahlung bewährt

(Laser-Akupunktur).

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Zahnmedizin