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107, Nr. 1, 1.1.2017, (39)

Frau Dr. Janke, wie sinnvoll ist

Gender Dentistry?

Dr. Theresia Janke:

Gender Dentistry ist

durchaus ein interessanter Aspekt, jeder

Mensch ist einzigartig und hat im Vergleich

zu anderen viele Unterschiede, wobei das Ge-

schlecht nur ein Punkt ist. Wenn es also dies-

bezüglich Differenzen im Erfolg bestimmter

Therapien gibt, und/oder ein geschlechter-

spezifisches Vorgehen sinnvoll ist, finde ich

es wichtig, diese als Zahnärztin zu kennen.

Viele vorhandene Studien untersuchten diese

Unterschiede bislang nicht gezielt, oft nur

als Nebenbefund und ohne die klinische Be-

deutung oder Erklärung zu erkennen oder

zu finden. Ich würde mir für die Zukunft ge-

nauere Erkenntnisse in der Forschung wün-

schen, um als behandelnde Zahnärztin indi-

viduell meine Therapie auf den Mann oder

die Frau abstimmen zu können.

Sie haben sich mit den „Besonderhei-

ten der endodontischen Behandlung

von Frauen“ befasst.

Ich habe eine Analyse der bereits vorhande-

nen Literatur durchgeführt, die zeigt, dass

die meisten Aspekte der Endodontie bislang

nicht ausreichend auf geschlechterspezifische

Differenzen durchleuchtet wurden. Es liegen

Hinweise vor, dass es solche Unterschiede

gibt, aber die jeweilige klinische Relevanz

bedarf künftig noch genauer Abklärung.

Ein Punkt ist allerdings genau nachgewie-

sen: Frauen geben öfter als Männer an,

Angst vor der zahnärztlichen und auch

endodontischen Behandlung zu haben.

Auch Unterschiede im Knochenstoffwech-

sel, Stichwort Bisphosphonate, spielen eine

Rolle, ebenso natürlich der Aspekt der

endodontischen Behandlung während der

Schwangerschaft.

Wie viele Studien hierzu gibt es

denn?

Das kann ich Ihnen nicht mit einer genauen

Zahl beantworten. Ich habe mich mit den

Studien von Januar 2002 bis Dezember 2014

des Journal of Endodontics und des Inter-

national Endodontic Journals beschäftigt,

die in dieser Zeit eine Gesamtzahl von 913

klinischen Studien publiziert haben, wovon

114 Studien die Ergebnisse nach Geschlecht

aufschlüsselten.

Das Geschlecht der Probanden wurde dabei

fast ausschließlich „nebenbei“ registriert und

selten gezielt untersucht, da Geschlechter-

unterschieden in der Endodontie bisher kaum

Bedeutung beigemessen wurde. Studien,

die gezielt nach geschlechterspezifischen

Differenzen in der Endodontie suchen,

können Sie an einer Hand abzählen.

Welche Hinweise geben Sie für eine

geschlechtersensible endodontische

Therapie?

Der Geschlechteraspekt in der Endodontie ist

noch lange nicht vollständig erforscht, dies

gilt unter anderem für genetische und biolo-

gische (hormonelle) Gesichtspunkte, es wird

sicher noch viele Jahre und viele Studien be-

nötigen. Meine Arbeit hat vor allem aufge-

deckt, wo überall es mögliche Unterschiede

geben kann und dass sich bislang kaum

damit befasst wurde.

Für eine erfolgreiche Therapie, vor allem im

Hinblick auf Schmerzverhalten oder Anato-

mie, Physiologie, Diagnostik, Anästhesie und

Prognose wäre es für jeden Zahnarzt sinn-

voll, den Patienten oder die Patientin genau

zu kennen, um sie oder ihn entsprechend

individuell therapieren zu können.

sf

Für Ihre Promotionsarbeit „Endodontie und

Geschlecht – Besonderheiten der endodonti-

schen Behandlung von Frauen“ wurde Dr.

Theresia Janke mit dem „Nolting Award for

Studies in Gender Dentistry“ ausgezeichnet.

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Gender Dentistry

„Frauen haben mehr Angst vor der Endo“

Muss man als Zahnarzt die Therapie individuell auf den Mann oder die Frau

abstimmen? Unbedingt, sagt Dr. Theresia Janke. Die Zahnärztin wurde gerade

vom Verband Gender Dentistry International (GDI) für ihre Promotion über

„Endodontie und Geschlecht“ ausgezeichnet.

Dr. Theresia Janke und ihr Doktorvater Prof. Dr. Michael Hülsmann, Göttingen, auf der GDI-

Mitgliederversammlung bei der Preisübergabe im November – eingerahmt von Stifter und GDI-

Vizepräsident Dr. Tim Nolting

(M.Sc

.) und GDI-Präsidentin PD Dr. Dr. Christiane Gleissner.

Foto: GDI/Wolff

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