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107, Nr. 1, 1.1.2017, (34)
Die Methode der Mundakupunktur ent-
stammt nicht der Traditionellen Chinesi-
schen Medizin (TCM), sondern zählt zu den,
in den letzten 70 Jahren entdeckten,
somatotopischen Mikrosystemen (MAPS =
Mikro-Aku-Punkt-Systeme) der westlichen
Akupunktur.
Ein Rückblick
Angeregt wurde die Mundakupunktur
durch die in den 1960er Jahren aufgekom-
mene Elektroakupunktur (EAV). Deren
Begründer Reinhold Voll hatte gemeinsam
mit dem Zahnarzt Fritz Kramer Wechselbe-
ziehungen zwischen speziellen Zahn-Kiefer-
Arealen und den Akupunktur-Meridianen
entdeckt und zwar aufgeteilt in fünf Zahn-
Gruppen: gleiche Beziehungen zu jeweils
Inzisivi, Canini, Prämolaren, Molaren und
Weisheitszähnen in jedem der vier Kiefer-
quadranten. Aus dieser Erkenntnis leitete
Voll diagnostische Schlüsse ab.
Etwa zeitgleich konnte beobachtet werden,
dass es drucksensible Areale am Tuber
maxillare gibt. Eine dort gesetzte Lokalanäs-
thesie-Injektion erwies sich als optimale
alternative Therapie der Sinusitis. Hierüber
wurde bereits im Jahre 1976 auf dem Jahres-
kongress der Deutschen Gesellschaft für
HNO-Heilkunde anhand von 400 dokumen-
tierten Fällen referiert [Gleditsch, 1979]. Als
grundlegend hat sich die Palpation erwie-
sen, die sich auch auf weitere Mundschleim-
haut-Areale ausdehnt. Hierbei ergaben sich
häufig streng lokalisierte, oft nur einseitige
Druckdolenzen: und zwar bukkal-labial der
Zähne, oft verbunden mit geringer aber
doch tastbarer Induration des Gewebes. So
war es naheliegend, diese Befunde mit den
Aussagen der EAV in Verbindung zu bringen
und an diesen Stellen eine Therapie mittels
Lokalanästhesie anzusetzen.
Damals war unter Ärzten wie Zahnärzten
die Heilinjektion weit verbreitet und auch
über Jahrzehnte mit den Pflichtkassen abre-
chenbar. Ebenso wurde damals die Neural-
therapie nach Huneke als therapeutische
40 Jahre Mundakupunktur
Therapie Punkt für Punkt
Abbildung 1: Am Tuber maxillare findet sich häufig eine Drucksensibilität,
speziell bei Funktionsstörungen im Nasen-Nebenhöhlenbereich, sowie bei
Dysfunktion des Musculus pterygoideus lateralis.
Quelle: Gleditsch JM, 2005
Abbildung 2: Die Schleimhautpunkte der Mundakupunktur lassen
sich differenzieren in den Zähnen zugehörige Vestibulumpunkte so-
wie in spezielle Areale im Retromolar-Bereich – dem ’Neuner-Areal’.
Jochen Gleditsch
Der Zahnarzt ist in seiner Praxis immer wieder mit Problemfällen konfrontiert, die
nicht wie üblich verlaufen. In solchen Fällen erweist sich die Vielseitigkeit und
Offenheit des Praktikers für alternative Methoden manchmal als vorteilhaft. Hier
wird eines der komplementären Verfahren – die Mundakupunktur – vorgestellt.
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Zahnmedizin