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107, Nr. 1, 1.1.2017, (71)
Messungen in handelsüblichen stationären
Messsystemen liegen vor [Vahle-Hinz et al.,
2009]. Die Kondylenpositionsanalyse im
Artikulator mit entsprechendem Funktions-
umfang oder im stationären Kondylenposi-
tions-Messinstrument stellt demnach ein
geeignetes Verfahren dar, um bei mehrfa-
chen Messungen eine Vorstellung über
Abweichungen der zentrischen Kondylen-
position zu erhalten.
Kondylenpositionsanalyse am Patienten
Im Vergleich zur indirekten, durch viele Zwi-
schenschritte gekennzeichneten Messun-
gen im Artikulator ist davon auszugehen,
dass elektronische Messungen mit Kopf-
und Unterkieferbögen direkt am Patienten
zu einer etwas höheren Genauigkeit führen
können. Sie bieten auch zusätzliche Inter-
pretationsmöglichkeiten, weil unmittelbare
Effekte, die nur unter Okklusionskontakt
entstehen, registrierbar sind. Die Position
des Kopfbogens kann jedoch durch Lage-
veränderungen des Messinstrumentes,
Kopfbewegungen oder den Muskelzug un-
beabsichtigt verändert werden. Somit kann
auch bei diesem Verfahren die erwartete
Reproduzierbarkeit verringert werden [Bicaj
et al., 2013; Linsen et al., 2013; Vahle-Hinz
et al., 2009; Stamm et al., 2004; Bernard et
al., 1996; Stamm/Wöstmann, 1996; Böhm,
1994; Tuppy et al., 1994; Utz et al., 1990a,
1990b; Utz/Duvenbeck, 1989]. Darüber
hinaus sollte auch nicht vergessen werden,
dass zur Beurteilung okklusaler Relationen
und/oder zur Herstellung von Okklusions-
schienen bis heute in der Regel der Weg
über den Artikulator erforderlich ist. Für das
Verfahren der direkten Messung kondylärer
Positionen am Patienten hat dies zur Folge,
dass zur dimensionsgetreuen Übertragung
gemessener Verlagerungen (zum Beispiel in
zentrischer Kieferrelation) in den Artikulator
dennoch Modelle und Registrate erforder-
lich sind – wie dies beim indirekten Verfah-
ren mit einem stationären Messinstrument
auch der Fall ist.
Neben elektronischen Messungen indirekt
im Artikulator oder direkt mit Kopf- und
Unterkieferbögen am Patienten können
neuerdings auch digitale, vestibuläre Intra-
oralscans eingesetzt werden. Grundlage die-
ser Verfahren sind virtuelle Modelle. Sie sind
von der Methodik „an sich“ sehr genau (ca.
50 µm [Jaschouz/Mehl, 2014]). Da derzeit
intraorale Scans aber nur in einem Teilbe-
reich des Kiefers mit einer akzeptablen Ge-
nauigkeit durchführbar sind, müssen diese
zu Ganzkieferscans zusammengefügt wer-
den. Die Genauigkeit dieses Verfahrens ins-
gesamt ist derzeit jedoch noch unbefriedi-
gend. Auch sollte nicht übersehen werden,
dass es bei der indirekten Herstellung von
Zahnersatz verschiedene verfahrenstechni-
sche Zwischenstufen gibt und zwangsläufig
die dafür geltenden Grenzen der Reprodu-
zierbarkeit gelten, die deutlich geringer sind
(räumlich ca. 0,1 bis 0,2 mm im Kondylar-
bereich) [Hellmann et al., 2014; Hützen et
al., 2011; Quoo et al., 2011; Vahle-Hinz et
al., 2009; Utz et al., 2007; Schmid-Schwab
et al., 1999; Böhm et al., 1995].
Kondylenpositionsanalyse unter Einsatz
bildgebender tomographischer Verfahren
Herkömmliche Röntgentechniken sind für
eine exakte Positionsdiagnostik ungeeignet.
Magnetresonanztomogramme erlauben
zwar eine dreidimensionale Beurteilung der
Positionen, jedoch ist die Genauigkeit der
Positionsaussage zumindest eingeschränkt,
weil die Bildauflösung der Verfahren unter
Umständen allein zur exakten Positionsbe-
stimmung der Kondylen nicht ausreicht.
Wenn das alleinige Ziel die Beurteilung
kondylärer Positionen ist, sollte der Einsatz
bildgebender Verfahren nur im Rahmen
klinischer Forschungsvorhaben erfolgen.
Vor dem Hintergrund der bisherigen Daten-
lage sollte in der klinischen Praxis anstelle
der zahnärztlichen Kondylenpositionsanaly-
se im direkten oder indirekten Verfahren
keine Bestimmung der Kondylenposition
mittels bildgebender, insbesondere ionisie-
render, Verfahren vorgenommen werden.
Wenn jedoch ohnehin zur Beurteilung der
Situation, zum Beispiel im Rahmen der
Funktionsdiagnostik und -therapie, ein
Magnetresonanztomogramm (MRT) ange-
fertigt wird, kann im Rahmen der Untersu-
chung die vom Patienten zuvor eingenom-
mene und in der Kondylenposition erfasste
Kieferposition durch Schablonen oder
Schienen fixiert und im MRT bildgebend
dargestellt werden.
Abbildung 3: Erfassung der sagittalen Messpunkte am stationären
Kondylenpositions-Messinstrument (hier: Cadiax E-CPM, Fa. Gamma
Dental), die Auswertung erfolgt später auf dem Befundbogen Kondylen-
positionsanalyse.
Abbildung 4: Beispiel für ein stationäres, elektronisches Kondylenpositi-
ons-Messinstrument (hier: E-CPM, Fa. Gamma Dental) mit Positionie-
rung der Ober- und Unterkiefer-Modelle in maximaler Interkuspidation.
Fotos: Ahlers
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