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107, Nr. 1, 1.1.2017, (72)

Reproduzierbarkeit

Die vorliegenden Studien zeigen, dass das

Verfahren der Kondylenpositionsanalyse

grundsätzlich die erforderlichen Vorausset-

zungen zur Validität und Reliabilität erfüllt.

Die Aussagekraft der Kondylenpositions-

analyse ist jedoch abhängig von der Validi-

tät und Reproduzierbarkeit, mit der die kon-

dylären Stellungen jeweils festgelegt wer-

den können. Registrate und Messungen

sollten zudem mehrfach erfolgen.

Die okkludierenden Zahnreihen bestimmen

mechanisch die Position der Kondylen

[Bräunig, 2012], die maximale Interkuspida-

tion lässt sich daher sowohl am Patienten

[Jaschouz/Mehl, 2014] als auch an Model-

len im Artikulator genauer einstellen als die

zentrische Kondylenposition [Utz et al.,

2007; Utz et al., 2002].

Die Genauigkeit bei der Festlegung der zen-

trischen Kondylenposition als einer der Refe-

renzpositionen in einem Gelenk mit „Frei-

heitsgraden“ wird geringer sein. Sie beträgt

bei direkt am Patienten durchgeführten Ver-

fahren im besten Fall etwa 0,2 mm, imArtiku-

lator ca. 0,3 mm [Türp et al., 2006; Stamm et

al., 2004; Stamm/Wöstmann, 1996]. Da alle

Verfahren diese Fehlergrößen beinhalten,

sind Analyse-Resultate unter circa 0,5 mm

auch bei sehr präzisem Vorgehen in ihrer Aus-

sagekraft nur eingeschränkt zu interpretieren.

Generell ist im Einzelnen ohne geeignete

bildgebende Verifizierung nicht eindeutig

bestimmbar, auf welche konkreten anato-

mischen Kondylen nahe Strukturen sich der

in der Kondylenpositionsanalyse verwende-

te rechte und linke posteriore Referenz-

punkt bezieht. Ohne diese genaue Kenntnis

sind Aussagen zu vermeintlichen „Verlage-

rungen der Kondylen“ oder „Kompressions-

phänomenen im Gelenkbereich“ – hier bei-

spielhaft aufgeführt – spekulativ und allen-

falls als Verdacht zu formulieren.

Klinische Stellung des

Untersuchungsverfahrens

Die Beurteilung des Befundes aus einer Kon-

dylenpositionsanalyse setzt zudem die

Kenntnis der speziellen Anamnese, der klini-

schen Befunde sowie der kondylären Bewe-

gungsaufzeichnung voraus. Die Kondylen-

positionsanalyse allein kann lediglich Hinwei-

se zur Interpretation der klinischen Situation

geben. Allein aus einer Differenzmessung der

Kondylenpositionen lässt sich eine invasive

restaurative Zahnbehandlung oder kieferor-

thopädische, beziehungsweise kieferchirurgi-

sche Therapie nicht begründen. Die Kondy-

lenpositionsanalyse bietet bei Personen, die

eine in vier Quadranten abgestützte Bezah-

nung aufweisen, folgende Möglichkeiten:

\

Quantitative und qualitative Darstellung

der Abweichungen der individuellen kon-

dylären Referenzpositionen relativ zueinan-

der, in der Regel zentrische Kondylenpositi-

on und die Kondylenposition in maximaler

Interkuspidation,

\

Beurteilung der Reproduzierbarkeit der

maximalen Interkuspidation bei mehr-

fachen Messungen,

\

Beurteilung der Reproduzierbarkeit einer

ermittelten zentrischen Kondylenposition

bei mehrfachen Messungen,

\

Erkennung von Verlagerungsrichtungen

und Ausmaß der Referenzpositionen relativ

zueinander,

\

Beurteilung der Reproduzierbarkeit bei

der Ermittlung kondylärer Positionen unter

Einsatz verschiedener Registrierverfahren/

-materialien,

\

Kontrolle der kondylären Positionen im

Therapieverlauf.

Zudem spielt die Kondylenpositionsanalyse

eine wichtige Rolle in der Forschung. Mit

ihrer Hilfe lassen sich bei der Untersuchung

genügend großer Probandengruppen

„Verteilungen“ kondylärer Positionen erfas-

sen und damit unter Umständen klinische

Behandlungskonzepte ableiten und/oder

untermauern.

Den ersten Teil „Instrumentelle Bewegungs-

analyse“ finden Sie in der zm 23/2016.

Die Leitlinie im Original ist auf der Website

der AWMF veröffentlicht.

Prof. Dr. Alfons Hugger

Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik,

Universitätsklinikum Düsseldorf,

Moorenstraße 5, 40225 Düsseldorf

Prof. Dr. Karl-Heinz Utz

Käferweg 1, 53639 Königswinter-Stieldorf

Dr. Wolf-Dieter Seeher

Südliche Auffahrtsallee 64, 80639 München

Priv.-Doz. Dr. M. Oliver Ahlers

Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik,

Zentrum ZMK,

Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf,

Martinistr. 52, 20251 Hamburg

Abbildung 5: Direkter Vergleich der zentrischen Kondylenposition (Pos. 1, Koordinatenursprung)

mit der Kondylenposition in maximaler Interkuspidation (Pos. 2, violett) am Patienten: Schemati-

sche Veranschaulichung der Gelenkbelastung durch die Okklusion (schwarzer Vektor, s = sagittal,

v = vertikal, t = transversal. Grüne Spur = Protrusionsbahn). Darstellung aus Axioquick-Recorder,

Fa. SAM, Gauting (verändert).

Quelle: Seeher

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Zahnmedizin