zm
107, Nr. 3, 1.2.2017, (246)
Protamin Hagedorn). Zur Gruppe der Insulin-
analoga zählen die kurzwirksamen Insulin-
analoga Insulin lispro, Insulin aspart und
Insulin glulisin sowie die langwirksamen
Insulinanaloga Insulin glargin und Insulin
detemir. Darüber hinaus gibt es auch Misch-
insuline.
Eine Indikation zur Insulintherapie besteht,
wenn durch alleinige Lebensstiländerungen
und eine Therapie mit oralen Antidiabetika
das individuelle Therapieziel nicht erreicht
wird oder wenn Kontraindikationen gegen
orale Antidiabetika bestehen. Bei initialer
Stoffwechseldekompensation kann eine
primäre Insulintherapie, gegebenenfalls
temporär, erforderlich sein, heißt es in der
Leitlinie. Bevor eine Insulintherapie begon-
nen wird, sollte allerdings geprüft werden,
ob die Ursache der unzureichenden Stoff-
wechseleinstellung auf einem bis dato nicht
erkannten Autoimmundiabetes beruht, ob
andere Faktoren wie beispielsweise ein
Infekt oder eine mangelnde Compliance
das Versagen der oralen Diabetestherapie
bedingen oder ob tatsächlich ein echtes
Therapieversagen bei oralen Antidiabetika
vorliegt.
Eine weitere Indikation zur Insulintherapie
besteht ferner bei schwangeren Frauen
mit Typ-2-Diabetes sowie bei Frauen mit
Gestationsdiabetes, die durch eine alleinige
Ernährungsumstellung keine optimale Stoff-
wechseleinstellung erreichen.
Christine Vetter
Wissenschafts- und Medizinjournalistin
Bei der zahnärztlichen Be-
handlung von Patienten mit
einem Diabetes mellitus können metabo-
lische Entgleisungen im Sinne einer Hypo-
oder einer Hyperglykämie von relevanter
Bedeutung sein.
Die Hypoglykämie stellt eine akute Notfall-
situation dar. Sie tritt sowohl bei Typ-I- als
auch bei Typ-II-Patienten auf. Symptome
können bei einem Blutglukosespiegel von
< 70 mg/dl beobachtet werden. Von einer
schweren Hypoglykämie wird bei Werten
< 40 bis 50 mg/dl ausgegangen. Die Symp-
tomatik ist sehr unterschiedlich und diffe-
riert zwischen den Patienten.
Man unterscheidet autonome – etwa Heiß-
hunger, Übelkeit, Nervosität, Schwitzen,
Tachykardie – und neuroglykopene Symp-
tome – etwa Verwirrtheit, Doppelbilder,
mangelnde Koordination, Sprachstörungen,
Bewusstseinsverlust und Unruhe. Außer-
dem können nicht spezifische Symptome
und primitive Automatismen wie zum Bei-
spiel aggressives Verhalten, Grimassieren
und Schmatzen auftreten. Letztendlich
kommt es bei länger ausbleibender Kohlen-
hydratzufuhr zur Somnolenz und zentralen
Atem- und Kreislaufstörung.
Vor zahnärztlichen Behandlungen, auch vor
operativen Eingriffen, sollte daher sowohl
die normale Medikation, aber auch die ent-
sprechende Nahrungsaufnahme erfolgen.
Eine unnötig lange Weichteilanästhesie, die
mit einer Nahrungskarenz gekoppelt ist,
sollte vermieden werden. Ein perioperatives
Monitoring des Blutglukosespiegels hilft,
Veränderungen frühzeitig zu erkennen.
Bei einer akuten Hypoglykämie sollte der
Patient solange er ansprechbar und koope-
rationsfähig ist, etwa 20 g Glukose oral zu
sich nehmen. Bei eingetrübten und
bewusstlosen Patienten ist aufgrund der
Aspirationsgefahr eine intravenöse Glu-
kosegabe indiziert. Weitere Blutzucker-
kontrollen sind erforderlich, um eine
weitere Substitution zu steuern.
Ist eine Blutzuckermessung zur Sicherung
der klinischen Diagnose nicht möglich, sollte
dennoch Glukose verabreicht werden. So
kann ex juvantibus die Diagnose bestätigt
und bei ausbleibendem Erfolg die Diagnos-
tik erweitert werden.
Der Diabetes mellitus stellt eine relative
Kontraindikation für die Adrenalingabe im
Rahmen der Lokalanästhesie dar. Adrenalin
führt aufgrund der Effekte auf die Glykogen-
reserven zu einer Erhöhung des Glukose-
spiegels. Der Anstieg ist jedoch bei reduzierter
Adrenalinkonzentration (maximal 1:200.000)
milde bis moderat ausgeprägt und zeitlich
limitiert.
Bei der Therapie mit Metformin, das häufig
initial als Antidiabetikum eingesetzt wird,
kann eine lange Nüchternzeit zu einer Laktat-
azidose führen. Daher soll es vor einer Nar-
kose abgesetzt werden. Im Rahmen von
zahnärztlichen Behandlungen unter Lokal-
anästhesie ist dies jedoch nicht erforderlich.
Anhaltend hohe Glukosewerte führen zu ty-
pischen Gewebe- und Organschädigungen,
die sich auch negativ auf die zahnärztliche
Behandlung auswirken. So können Wund-
heilungsstörungen infolge der Mikroangio-
pathie auftreten. Die Infekthäufigkeit steigt
und der Verlauf ist foudroyanter. Die Indi-
kation für eine antibiotische Prophylaxe ist
daher bei zahnärztlich-chirurgischen Ein-
griffen großzügiger zu stellen.
Auch der Erfolg einer implantologischen Be-
handlung scheint von der Stoffwechsellage
der Patienten abzuhängen. Die Literatur-
übersicht zur neu erstellten Leitlinie deutet
auf eine eingeschränkte Osseointegration,
ein erhöhtes Risiko für das Auftreten einer
Periimplantitis und eine höhere Verlustrate
bei schlecht eingestellten Diabetikern hin.
Auch hier wirken sich der Einsatz von Anti-
biotika und Chlorhexitidin positiv auf den
Implantaterfolg aus. Bei gut eingestellten
Diabetikern (Hba1c < 6,5 Prozent) war die
Komplikationsrate vergleichbar mit gesun-
den Patienten.
Die S3-Leitlinie „Zahnimplantate bei Diabetes
mellitus“ finden Sie auf der Website der AWMF.
Univ.-Prof. Dr. Dr. Monika Daubländer
Leitende Oberärztin der Poliklinik für
Zahnärztliche Chirurgie
Universitätsmedizin der Johannes
Gutenberg-Universität Mainz
Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie
Augustusplatz 2, 55131 Mainz
daublaen@uni-mainz.dePD Dr. Dr. Peer W. Kämmerer, MA
Leiter der zahnärztlich-chirurgischen
Poliklinik sowie
Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Mund-,
Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie der
Universitätsmedizin Rostock
Schillingallee 35, 18057 Rostock
Aus Sicht der Zahnmedizin
Der Diabetiker
48
Medizin