zm
107, Nr. 3, 1.2.2017, (245)
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die Reduktion von Morbidität und Morta-
lität
\
der Erhalt und/oder die Wiederherstel-
lung der Lebensqualität
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die Minimierung von Nebenwirkungen
der Therapie und der Belastungen des Pa-
tienten durch die Therapie
\
die Kompetenzsteigerung, also das Em-
powerment der Patienten im Umgang mit
der Erkrankung
\
die Verminderung eines Krankheitsstig-
mas
\
die Förderung der Therapieadhärenz
Die Zeit der allgemeinen
Zielwerte ist vorbei
Als Parameter, an denen sich die Therapie-
ziele orientieren, bieten sich die Nüchtern-
blutzuckerwerte (NBZ-Wert), der postpran-
diale Blutzucker und das HbA1c an, das Aus-
kunft über die längerfristige Qualität der
Blutzuckereinstellung gibt. Bei Menschen
mit Typ-2-Diabetes sollte zur Prävention von
Folgekomplikationen laut NVL ein HbA1c-
Korridor von 6,5 bis 7,5 Prozent angestrebt
werden. Eine Absenkung des HbA1c-Wertes
auf unter 6,5 Prozent ist nur ratsam, wenn
die Reduktion durch eine alleinige Änderung
des Lebensstils erreichbar ist oder durch Me-
dikamente, die nicht mit einem erhöhten
Risiko für relevante Nebenwirkungen, wie
etwa das Auftreten einer schweren Hypo-
glykämie, eines Gewichtsanstiegs, einer
Herzinsuffizienz oder einer Pankreatitis
assoziiert sind.
Bei der Nüchternblutglukose wird als Orien-
tierungsgröße ein Wert von 100-125 mg/dl
und beim postprandialen Blutzucker ein
Wert von 140-199 mg/dl empfohlen.
Auch hinsichtlich der Parameter des meta-
bolischen Syndroms gibt die NVL Empfeh-
lungen: Demnach sollte das LDL-Cholesterin
auf einen Zielwert < 100 mg/dl gesenkt wer-
den bei möglichst fixer Statindosis. Bei Über-
gewicht sollte eine Gewichtsreduktion erfolgen
und zwar bei einem Body-Mass-Index (BMI)
von 27 bis 35 kg/m
2
um etwa fünf Prozent
des Körpergewichts, bei einem BMI > 35 kg/m
2
um zehn Prozent des Körpergewichts.
In puncto Blutdruck rät die NVL zu einer Ein-
stellung auf systolisch unter 140 mm Hg
und diastolisch idealerweise um 80 mm Hg.
Die Empfehlungen implizieren, dass die je-
weiligen Werte regelmäßig erfasst werden,
um gegebenenfalls korrigierend ins Therapie-
regime eingreifen zu können.
Nicht nur hinsichtlich der Risikofaktoren,
sondern auch im Hinblick auf potenzielle
Folgeerkrankungen des Typ-2-Diabetes ist
ein regelmäßiges Screening wichtig. Dazu
gehört auch eine Untersuchung der Nieren,
um eine sich entwickelnde diabetische
Nephropathie rechtzeitig zu erkennen oder
das Screening auf Fußläsionen mit Blick auf
den diabetischen Fuß. Einmal jährlich sollte
zudem eine augenärztliche Untersuchung
veranlasst werden, um eine diabetische
Retinopathie frühzeitig zu erfassen.
Ein besonderes Risiko stellt allerdings die Ent-
wicklung von makrovaskulären Komplikatio-
nen dar, so dass das Herz-Kreislauf-Risiko des
Patienten regelmäßig zu überwachen ist.
Therapie:
Unerlässlich ist bei allen Typ-2-
Diabetikern eine adäquate Basistherapie mit
Schulung, Ernährungs- und Bewegungs-
therapie sowie einer Raucherentwöhnung
und das Erlernen von Stressbewältigungs-
strategien. Reicht das nicht aus, ist in der
zweiten Stufe eine medikamentöse Mono-
therapie angezeigt. Als Ergebnis sollte der
HbA1c-Zielkorridor von 6,5 bis 7,5 Prozent
erreicht werden. Ist das nicht innerhalb
von drei bis sechs Monaten der Fall, ist ent-
sprechend der Angaben in der NVL eine
Insulintherapie oder eine Zweifachkombi-
nation oraler Antidiabetika indiziert. Nach
weiteren drei bis sechs Monaten ohne be-
friedigenden Therapieerfolg sind eine inten-
sivierte Insulintherapie und eine weiterge-
hende Kombinationstherapie bei den oralen
Antidiabetika zu erwägen.
Bei der medikamentösen Therapie gilt Met-
formin aufgrund der belegten Wirksamkeit
hinsichtlich Stoffwechseleinstellung, makro-
vaskulärer Risikoreduktion sowie weiterer
günstiger Eigenschaften, insbesondere des
geringen Einflusses auf Gewicht und Hypo-
glykämierate als Mittel der ersten Wahl. Es
ist unter der Therapie mit gastrointestinalen
Nebenwirkungen zu rechnen sowie mit
Geschmacksveränderungen. Zu beachten
ist zudem das Risiko einer potenziell letalen
Laktatazidose.
Die Therapie muss regel-
mäßig nachjustiert werden
Bei einer Metformin-Unverträglichkeit oder
Kontraindikation kommt die Verordnung
eines DPP-4-Inhibitors, eines SGLT-2-Inhibi-
tors, eines Glinids, eines Glukosidasehem-
mers, eines Sulfonylharnstoffs oder Insulin
infrage. Bei einer Zweifachkombination ist
auch die Behandlung mit einem GLP-1-
Rezeptoragonisten in Betracht zu ziehen.
Bei allen Antidiabetika sind dabei Besonder-
heiten zu berücksichtigen. So lässt bei den
Sulfonylharnstoffen die klinische Wirksam-
keit üblicherweise im Behandlungsverlauf
nach, so dass diese Substanzen als Langzeit-
monotherapie des Typ-2-Diabetes laut NVL
nur bedingt geeignet sind. Es ist unter
den Sulfonylharnstoffen zudem mit Hypo-
glykämien und mit einer Gewichtszunahme
zu rechnen. Günstiger beurteilt werden die
DPP-4-Inhibitoren (Dipeptidyl-Pepdtidase-
4-Inhibitoren) und Glitine, da sie im Gegen-
satz zum Sulfonylharnstoff aufgrund ihrer
Wirkweise kein intrinsisches Hypoglykämie-
risiko bedingen. Allerdings wurde das
Risiko der Entwicklung einer Pankreatitis
und eventuell auch eines Pankreastumors
diskutiert.
Eine weitere häufig genutzte Strategie ist
die Insulintherapie, wobei Insulin laut NVL
das älteste und effektivste Medikament zur
Glukosesenkung darstellt. Heutzutage wer-
den der Leitlinie zufolge fast nur noch
Humaninsuline und daraus entwickelte
Insulinanaloga angewandt. Sie lassen sich
in Gruppen einordnen, die sich hinsichtlich
ihrer Wirkungskinetik unterscheiden. Zur
Gruppe der Humaninsuline gehören die
sogenannten Normalinsuline und die Ver-
zögerungsinsuline (NPH-Insuline, Neutrales
Neues und Bewährtes aus Medizin,
Praxis und Forschung.
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