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107, Nr. 3, 1.2.2017, (241)
Entzündungen. Es wurde von einem drei-
fach erhöhten Risiko für Zahnverlust und
Parodontitisprogression berichtet [Costa et
al., 2013]. Hingegen ist der klinische paro-
dontale Zustand gut eingestellter Diabetiker
mit dem von Nichtdiabetikern vergleichbar
[Chávarry et al., 2009].
Die für Diabetes charakteristische Hyper-
glykämie scheint einen direkten Effekt auf
die Immunzellfunktionen von Monozyten,
neutrophilen Granulozyten und T-Zellen zu
haben und eine Zytokindysregulation zu
verursachen, was zu einem parodontalen
Knochenabbau führen kann. Bei Patienten
mit Parodontitis ist Diabetes mit höheren
Konzentrationen mehrerer spezifischer Zy-
tokine und anderer Mediatoren assoziiert
[Taylor et al., 2013]. Aufgrund der Hyper-
glykämie bei Diabetes mellitus kommt es zu
einer verstärkten Glykierung von Proteinen
und zur irreversiblen Bildung der sogenann-
ten Endprodukte der fortgeschrittenen Gly-
kierung (advanced glycation end products,
AGE). Diese werden unter anderem in paro-
dontalen Geweben abgelagert und können
sowohl direkte pro-inflammatorische als
auch pro-oxidative Wirkungen auf Zellen
haben. Binden AGEs an deren Signal-
rezeptor RAGE werden Phänotyp und
Funktion der Zielzelle (Endothelzellen, Mo-
nozyten) dermaßen beeinflusst, dass es zur
Anlockung von Immunzellen beziehungs-
weise zur Freisetzung reaktiver Sauerstoff-
spezies, von Zytokinen und von anderen
Entzündungsmediatoren kommt, die eine
überschießende Entzündungsreaktion, oxi-
dativen Stress und eine Beeinträchtigung
der Gewebereparaturmechanismen zur Folge
haben können. Die parodontale Infektion
potenziert weiter diesen Prozess, was in
anfälligen Individuen mit Diabetes zu einer
beschleunigten und schweren Zerstörung
von parodontalem Gewebe führt [Taylor et
al., 2013].
Einfluss von Parodontits auf Diabetes mellitus
Diabetiker mit Parodontitis weisen eine
schlechtere metabolische Einstellung als
parodontalgesunde Diabetiker auf [Chapple
& Genco, 2013]. Eine schwere Parodontitis
kann die HbA1c-Werte bei Typ-2-Diabe-
tikern verschlechtern und somit das Risiko
für die Entstehung von Diabetes erhöhen.
Zusätzlich stellen parodontale Erkrankungen
ein erhöhtes Risiko für Diabetes-assoziierte
Komplikationen dar. Es wurde berichtet,
dass eine moderate bis schwere Parodontitis
mit einer Makroalbuminurie, einer Nieren-
erkrankung im Endstadium, einer Verkal-
kung von atherosklerotischen Plaques und
einer kardio-renalen Mortalität assoziiert ist
[Chapple & Genco, 2013; Saremi et al.,
2005; Sharma et al., 2016; Shultis et al.,
2007]. Zusätzlich wurde gezeigt, dass Paro-
dontitis bei Patienten ohne Diabetes nach
fünf Jahren zu einer Progression der
HbA1c-Werte führen und die Entstehung
eines Diabetes fördern kann [Demmer et al.,
2010].
Eine erfolgreiche Diabetestherapie beinhaltet
die Senkung des Blutglukosespiegels, was ins-
besondere mikrovaskuläre Komplikationen
aufschieben könnte. In Metaanalysen wurde
nachgewiesen, dass drei Monate nach einer
nichtchirurgischen parodontalen Therapie
bei parodontal erkrankten Diabetikern eine
mittlere Reduktion des HbA1c-Wertes von
0,29–0,36 Prozent erreicht werden konnte,
was eine klinisch relevante Verbesserung der
glykämischen Einstellung bedeutet [Enge-
bretson & Kocher, 2013; Simpson et al., 2015].
Abbildung 2: Röntgenstatus (alio loco) des Patienten aus Abbildung 1 zum Zeitpunkt der Aufnahme in die Klinik: Generalisierter parodontaler
Knochenverlust (vertikal und horizontal)
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