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107, Nr. 5, 1.3.2017, (500)
Die Positionserkennung soll dafür
sorgen, dass beim Zähneputzen jeder
Bereich des Mundes gleichwertig ge-
putzt wird. Dafür ist es notwendig, das
Smartphone mit laufender App vor
sich auf Gesichtshöhe zu haben. Eine
Halterung für die Befestigung am Ba-
dezimmerspiegels wird vom Hersteller
mitgeliefert. Ein Sensor im Handstück
der Zahnbürste sendet per Bluetooth
Daten an die App, die diese mit den
Bildern aus der Mundhöhle abgleicht –
so wird errechnet, welcher Bereich des
Mundes gerade geputzt wird. Das Da-
tenmaterial kann zudem in der App ge-
speichert und sogar auf Wunsch digital
an den Zahnarzt übermittelt werden.
Basierend auf den gespeicherten Putz-
daten kann der Zahnarzt beziehungs-
weise die Prophylaxe-Kraft Putzemp-
fehlungen oder spezielle Ziele direkt in
die App einprogrammieren.
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So funktioniert die
Positionserkennung
Es gibt bereits Apps, die die Mund-
höhle erfassen und dem Nutzer
zeigen, wo im Mund er putzen soll.
Inwiefern unterscheiden sich diese
von der von Ihnen entwickelten
Positionserkennung?
Kressmann:
Ein System wie das unsrige
habe ich bisher noch nicht gesehen. Was es
sehr wohl gibt, sind Systeme am Markt, bei
denen sich ein Sensor in der Bürste befindet,
der ausgewertet wird. Bei unserem Putz-
system ist es jedoch so, dass wir den Sensor
haben UND die Videokamera. Und das aus
gutem Grund: Alle Systeme, die ich bisher
gesehen habe, basieren darauf, dass die App
mir vorgibt, wo ich putzen muss: „Hier
Frank, Du musst links oben anfangen und
dann einem ganz bestimmten Bewegungs-
pfad durch den Mund durchgehen.“ Das
heißt also, dass die App mir ganz genau den
Putzstil vorgibt. Wenn ich mich daran halte,
dann habe ich in der Regel meine Zähne gut
geputzt – wenn ich aber gerade Kaffee
koche oder den Hund versorge, dann sehe
ich die Putzanleitung der App nicht und
dann falle ich automatisch wieder in meinen
?
unterbewussten Rhythmus zurück, den ich
immer anwende.
Was wir also wollten, das war, den Nutzern
die Möglichkeit zum Freestyle-Putzen zu ge-
ben und sie nicht zu zwingen links oben im
Mundraum anzufangen. Wir geben ihnen
die Möglichkeit, ihren natürlichen Putzstil
beizubehalten, bei dem sie anfangen können,
wo sie wollen, und aufhören können, wo sie
wollen. Das ist der große Vorteil unseres Sys-
tems: Da wir den Sensor und die Kamera
haben, können wir jederzeit erkennen, wo
im Mund geputzt wird.
An der Positionserkennungs-Techno-
logie haben Sie gemeinsam mit Wis-
senschaftler des Fraunhofer-Instituts
für Integrierte Schaltungen seit 2013
zusammengearbeitet. Die Positions-
erkennung bezieht sich jedoch nur auf
sechs Bereiche des Mundes. Einzelne
Zähne können nicht erfasst werden.
Woran liegt das?
Kressmann:
Wir haben uns bei der Wahl der
sechs Zonen von dem Standardmodell in
der Zahnheilkunde leiten lassen. Es ist auch
technisch anspruchsvoller, jeden einzelnen
Zahn zu erfassen, als nur einzelne Bereiche.
Wenn man aber verschiedene Putzstile
betrachtet, sieht man, dass die meisten
Menschen sowieso nicht jeden einzelnen
Zahn putzen, sondern immer nur einzelne
Bereiche.
Die App zur Zahnbürste sammelt
Daten. Der Nutzer kann sein eigenes
Putzprofil erstellen lassen, seine
Zahnputzstatistik einsehen und sogar
seine Zahnarzttermine verwalten.
Wie sieht es mit der Datensicherheit
aus?
Kressmann:
Die Daten werden in der App in
geschützten Bereichen und verschlüsselt ge-
speichert. Diese Information kommt aus der
App nicht heraus. In der App selbst sind die
Daten gesichert. Beide Systeme, Android
und iOS, schützen die Daten. Da kommt
keiner an Ihre Daten ran – außer Sie selbst
möchten das.
Lassen Sie uns folgendes Gedanken-
szenario durchgehen: Normalerweise
?
?
?
kommt Patient Fritz Meier zweimal
im Jahr in die Praxis. Sein Zahnarzt
lobt ihn, weist ihn aber jedes Mal
auch auf Schwachstellen hin und gibt
weitere Tipps zur Verbesserung der
Mundpflege. Dann kommt Meier
plötzlich in die Praxis und präsentiert
seine neueste Statistikauswertung.
Verändert sich hier das Arzt-Patienten-
Verhältnis?
Grotzer:
Die Zahnärzte und Dentalhygieni-
kerinnen, mit denen wir bisher gesprochen
haben, fanden es sehr positiv, dass durch die
App die Möglichkeit besteht, die Qualität
ihrer Arbeit langanhaltend zu sichern und
den Kontakt zum Patienten nicht abreißen
zu lassen. Der Zahnarzt kann dem Patienten
die App als Übungsinstrument mit an die
Hand geben. Gleichzeitig bekommt er so-
wohl vom Patienten als auch von der App
die Rückmeldung, ob die neue Putztechnik
tatsächlich auch umgesetzt wurde. Somit ist
die App nicht nur ein Hilfsmittel für den
Patienten, sondern auch für den Zahnarzt –
und fördert die Kommunikation zwischen
beiden.
Natürlich muss der Zahnarzt sich darauf erst
einmal einlassen – aber in den Praxen leisten
ja vor allem auch die Dentalhygienikerinnen
ganz hervorragende Arbeit bei der Anlei-
tung und der Verbesserung der Zahnpflege.
Und für sie ist die App ein großartiges Hilfs-
mittel, das auch sehr gerne angenommen
wird.
Wie funktioniert die Datenübermitt-
lung? Ich gehe zum Zahnarzt, habe
mein Smartphone dabei und zeige
ihm die App?
Grotzer:
Das kann man sich im Prinzip aus-
suchen. Die Daten werden von dem Hand-
stück der Zahnbürste in die App geladen und
dort sind sie für den Patienten verfügbar.
Wenn der Patient möchte, kann er tatsäch-
lich die App seinem Zahnarzt zeigen, er
kann in der App aber auch direkt ein PDF-
Dokument generieren und dieses entweder
ausdrucken und zum Zahnarzt mitnehmen
oder direkt aus der App per E-Mail an seine
Zahnarztpraxis schicken.
Kressmann:
Wenn der Patient es nicht will,
kommt aus der App auch nichts heraus.
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