zm
107, Nr. 5, 1.3.2017, (499)
mindestens einen Bereich des Mundes
nicht gründlich genug – trotz profes-
sioneller Beratung. Woran liegt das?
Grotzer:
Die meisten Menschen erledigen
neben dem Zähneputzen viele andere Dinge
– das geht von Kaffee kochen über die Ver-
sorgung der Kinder bis zum morgendlichen
Rollo hochziehen. Zähneputzen ist für viele
Menschen eine Nebentätigkeit – dement-
sprechend vergessen sie, die beigebrachte
Putztechnik richtig anzuwenden. Die Genius
9000 ist als Übungsinstrument gedacht, um
die Nutzer immer wieder daran zu erinnern,
die richtige Putztechnik zu verwenden.
Wenn man seine Putztechnik verbessert
hat, wird die App dann überflüssig?
Grotzer:
Nein, mit der App möchten wir die
Nutzer dazu bringen, dass sie besser putzen
und dass sie sich eine neue Routine ange-
wöhnen. Sie ist ein Übungs- und Trainings-
instrument, um das Putzen zu verbessern.
Kressmann:
Wir gehen davon aus, dass
nicht jeder Nutzer jeden Morgen das
Smartphone für die Positionserkennung an-
macht – muss er aber auch nicht, denn die
Positionserkennung ist dafür gedacht, dass
ich mein Putzverhalten trainiere. Das sollte
ich am Anfang natürlich häufiger machen,
am besten jeden Tag. Unser Gehirn arbeitet
durch Wiederholungen, so geht die neue
Putztechnik in Gewohnheit über. Dann kann
ich das Zähneputzen vor dem Smartphone
auch reduzieren und die Positionserkennung
nur noch an jedem zweiten oder an jedem
dritten Tag verwenden. Zur Überprüfung
der Putztechnik haben wir auch eine soge-
nannte Challenge in die App eingebaut –
dies kann man als Wettbewerb betrachten,
das heißt, man putzt sich die Zähne mit Po-
sitionserkennung – ohne sich das Ergebnis
anzeigen zu lassen – zumindest am Anfang.
Man putzt also „blind“ und am Ende wird
das Ergebnis präsentiert. So kann ich immer
wieder mein Putzverhalten überprüfen.
Das System ist außerdem so gebaut, dass
ich gar nicht jeden Tag mit der App putzen
muss. Die Zahnbürste speichert nämlich bis
zu 30 Putzeinheiten im Handstück der
Zahnbürste – wenn ich zum Beispiel unter-
wegs war und zwei Wochen nicht die
App genutzt habe, die Daten aber dann
?
zu Hause ins Telefon übertrage, habe ich
dennoch meine komplette Putzstatistik.
Das Verbrauchermagazin Chip online
hat die Zahnbürste getestet und seine
Leser gefragt: „Hätten Sie Lust, jeden
Tag im Halbschlaf Ihr Smartphone in
eine Halterung einzuklemmen, vor
der Kamera zu putzen und sich an-
schließend vom Handy kritisieren zu
lassen?“ Wo verläuft Ihrer Meinung
nach die Grenze zwischen Sinn
und Unsinn der modernen Digitali-
sierung?
Grotzer:
Für uns hat es Sinn, das zu tun,
was das Putzergebnis und die Gesundheit
verbessert. Die Idee, das Smartphone zu be-
nutzen, kam daher, dass mehrere Studien
festgestellt haben, dass die meisten Men-
schen ihr Smartphone tatsächlich schon im
Badezimmer dabei haben und selbst beim
Zähneputzen mit dem Smartphone inter-
agieren. Wir dachten also: Wenn das
Smartphone ohnehin schon im Badezimmer
dabei ist, dann können wir es auch für eine
sinnvolle Tätigkeit benutzen.
Kressmann:
Aber man darf nicht vergessen:
Die App soll Spaß machen. Das war einer der
Motivatoren für uns am Anfang. Denn immer
wenn wir Studienteilnehmer gefragt haben
„Warum putzen Sie sich zweimal am Tag die
Zähne?“, sagten diese „Naja, mein Zahnarzt
hat gesagt, dass das wichtig ist“, niemals
hörten wir, „weil es total Spaß macht!“.
Unsere These war dementsprechend: Wenn
Zähneputzen Spaß machen würde, dann
würde doch auch die Compliance automa-
tisch steigen. Deshalb haben wir das Tool so
gebaut, dass man – während man die App
benutzt – auch den Wetterbericht lesen kann,
oder die Nachrichten. Ich denke, das ist auch
der Grund, warum die durchschnittliche Putz-
zeit von unter einer Minute bei manuellen
Zähneputzern auf über 2:24 Minuten beim
Putzen mit der App gestiegen ist. Ich erwische
mich manchmal selbst dabei, dass ich noch
eine Nachricht zu Ende lesen möchte und
mir deshalb drei Minuten die Zähne geputzt
habe. Das ist mir vorher nie passiert.
Grotzer:
Das Zähneputzen soll sich ver-
bessern und es soll Spaß machen. Sie sollen
nicht Sklave ihrer Zahnbürste werden.
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