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107, Nr. 9, 1.5.2017, (1102)
Im Juni 2011 hatte er das Abitur in der
Tasche, damals war Maximilian Gottstein
18 Jahre alt. Vier Monate später begann er
sein Studium. Nach fünf Jahren in Göttingen
konnte er das Staatsexamen am 3. November
2016 erfolgreich beenden – mit 23 Jahren.
Sie waren 23 Jahre alt, als Sie in der
Praxis Ihres Vaters als Assistent anfin-
gen – der durchschnittliche Absolvent
ist vier Jahre älter. Gibt es Situationen
in der Praxis, in denen Sie merken,
dass Ihnen vier Jahre „fehlen“?
Maximilian Gottstein:
Ich sehe das in etwa
so: Diese vier Jahre fehlen mir nicht, sie lie-
gen vor mir. In dieser Zeit kann ich bereits
Berufserfahrung sammeln. Grundsätzlich ist
es ja so, dass man, egal wie jung oder alt
man zum Abschluss des Studiums ist, vor
den selben Herausforderungen steht. Man
muss Verantwortung übernehmen, Kompe-
tenzen entwickeln, die im Studium nicht
vermittelt werden können, und natürlich
weiterhin Lernbereitschaft zeigen. Deswe-
gen sehe ich es als großartige Chance,
bereits jetzt praktizieren zu dürfen.
Haben Sie sich bewusst für Ihren be-
ruflichen Werdegang entschieden und
schnell daraufhin gearbeitet?
Bewusst entschieden ja, schnell daraufhin
gearbeitet – nein. Durch die Tätigkeit beim
Deutschen Roten Kreuz in unserer Region
seit meinem 12. Lebensjahr hat sich wohl
ganz von allein das Interesse an der Medizin
entwickelt. Nachdem ich in jüngeren Jahren
ein eher technisches Studium favorisiert
hatte, stellte ich in der Oberstufe fest, dass
ich meine Zukunft einem medizinischen
Beruf widmen möchte. Da der Anspruch an
den Zahnmediziner nicht nur ein intellektu-
eller, sondern auch ein in gewisser Weise
handwerklicher ist, interessierte ich mich
sehr für diesen Berufsweg.
Wie reagieren Patienten auf Ihr junges
Alter?
Sehr unterschiedlich, aber grundsätzlich
immer positiv. Selbst in der ein oder andere
Situation, in der ich aufklären muss, dass
dies nicht meine Praktikums- sondern meine
Arbeitsstelle ist, begegnen mir die Patienten
sehr offen und neugierig. Außerdem kann
es, gerade im Umgang mit gleichaltrigen
Patienten, einen großen Vorteil darstellen!
Wie reagieren die Mitarbeiter?
Da ein Großteil des Teams mich bereits seit
jungen Jahren kennt, ist der Umgang fast
familiär. Viele Fragen, die mir gerade in der
Anfangszeit in den Sinn kamen, konnte ich
offen ansprechen und dadurch eine ganze
Menge lernen. Ich bin durchweg von einer
positiven Atmosphäre aufgenommen wor-
den.
Wie war Ihre Zeit an der Uni – immer
mit Gefühl, ‚der Jüngste zu sein‘?
Das Studium der Zahnheilkunde ist in Göt-
tingen eine sehr persönliche Angelegenheit.
Ein kleines erstes Semester mit 50 bis 60
Kommilitonen führt dazu, dass man früh
seine Scheu ablegen und engagiert sein
muss – deswegen und natürlich auch auf-
grund der Ansprüche während des Studi-
ums hat man mehr das Gefühl, mit seinen
Kommilitonen Teil eines eingeschworenen
Teams zu sein und daran zu wachsen. Wirk-
lich als „Jüngster“ habe ich mich selten
wahrgenommen. Auch wenn gerade unsere
ersten Patienten 2015 verdutzt waren,
wenn sie unseren Behandlungsraum betre-
ten haben – denn mein Behandlungspartner
Johannes Gernhardt ist nur drei Monate
älter als ich.
Hand aufs Herz: Haben Sie nichts be-
reut? Oder das Gefühl etwas verpasst
zu haben?
Tatsächlich stellt sich diese Frage wohl fast
jeder, der in einer ähnlichen Situation ist –
und nicht nur man selbst, sondern auch
viele aus dem persönlichen Umfeld wollen
eine Antwort darauf wissen. Hier kommt
wieder die Einstiegsfrage ins Spiel: Ich habe
mich bewusst für diesen beruflichen Werde-
gang entschieden und hatte Lust, nach dem
Studium mit der Arbeit als Zahnarzt zu
beginnen. Bis heute habe ich diese Entschei-
dung nicht bereut, vor allem auch, weil ich
nun einmal noch sehr jung bin und mir fest
vorgenommen habe, ins Ausland zu gehen.
Die Frage nach dem Wohin muss noch
geklärt werden, aber mit dem Rucksack
Asien zu erkunden oder in Kanada einsame
Bergseen zu bestaunen – das alles steht mir
noch offen.
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Zahnarzt mit 23 Jahren
„Nein, ich bin nicht der Praktikant!“
Im Durchschnitt ist der Absolvent 27 Jahre und 6 Monate alt, wenn er die Uni ver-
lässt und als Assistent in der Praxis anfängt. Maximilian Gottstein war mit dem
Zahnmedizinstudium mit 23 Jahre fertig!
Maximilian Gottstein ist der „jüngste
Zahnarzt im Eichsfeld“, titelte die Thü-
ringer Allgemeine Zeitung – doch ist
der damit auch der jüngste Zahnarzt
Deutschlands?
Schreiben Sie uns und berichten Sie
von Ihren Erfahrungen – an:
zm@zm-online.deWer ist der jüngste Zahnarzt
Deutschlands?
AUFRUF
Mittlerweile ist Maximilian Gottstein aus
Leinefelde in Thüringen 24 Jahre alt und ar-
beitet in der Praxis seines Vaters mit.
Foto: privat
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Praxis