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107, Nr. 9, 1.5.2017, (1108)
Wenn beide Vertragsparteien sich nicht auf
eine Übernahme „auf den letzten Drücker“
einlassen wollen, sondern entspannt mit
Vorlauf Klarheit für die Zukunft schaffen
wollen, bietet es sich an, schon heute die
Praxisübernahme für in ein bis zwei Jahren
endgültig bindend zu vereinbaren. Dies
sichert dem Praxisabgeber die Verwertung
seiner Praxis(beteiligung) und eröffnet dem
Praxisübernehmer die Möglichkeit, in der
Zwischenzeit durch eine gemeinsame Tätig-
keit in der Praxis (ob auf Anstellungs- oder
auf Gesellschafterbasis) zu arbeiten.
Die warme Hand
Häufig ist es so, dass der Praxisabgeber
seinen Praxisübernehmer im Kreis der bis-
herigen angestellten Zahnärzte in der Praxis
findet. Dann gibt es eine gemeinsame Zeit
in zwei unterschiedlichen Ausprägungen:
zunächst ein klares Über-Unterordnungs-
verhältnis (Chef – Angestellter) und an-
schließend ein rechtlich – nicht immer
auch tatsächlich – gleichrangiges Verhältnis
(zwei Gesellschafter).
Eine dritte Konstellation tritt auf, wenn der
Abgeber sich zwar kurzfristig den Kaufpreis
sichern und die Verantwortung abgeben,
aber gleichwohl noch eine gewisse Zeit
zahnärztlich tätig sein möchte. Dann wech-
selt er die Rolle vom Chef (Praxisinhaber
und vielleicht auch Chef des Übernehmers)
zum Praxispartner oder Angestellten des
Praxisübernehmers.
Die rechtliche Umsetzung einer gemein-
samen Zeit in der Praxis erfolgt mittels drei
Modellen:
Der Abgeber stellt den Übernehmer vor
der Übernahme an oder
der Übernehmer stellt den Abgeber nach
der Übernahme an oder
die beiden arbeiten auf Basis eines Gesell-
schaftsvertrags für einen Übergangszeitraum
zusammen.
Manchmal verträgt sich das Selbstbild des
Abgebers nicht mit der Stellung eines An-
gestellten, dann kommt in Ausnahmefällen
eine Dienstleistung auf selbstständiger Basis
in Betracht; dies bedarf gerade beim
Abgeber zwingend der intensiven steuer-/
steuerrechtlichen Prüfung. Die Nutzung
mehrerer Modelle in der zeitlichen Abfolge
ist denkbar.
Vorteile in der Praxis:
Die Vorteile einer
warmen Praxisübernahme liegen für den
Übernehmer auf der Hand. Durch die ge-
meinsame Zeit der beiden Behandler in der
Praxis, kann der Übernehmer sukzessiv den
Patientenstamm kennenlernen und über-
nehmen. Es verbessert die Patientenbindung,
vom Abgeber als (Wunsch-)Nachfolger vor-
gestellt zu werden. Der Übernehmer kann
zudem beim Abgeber Ratschläge einholen
und sich in die bestehenden und bewährten
Praxisabläufe einweisen lassen. Wenn die
„warme Hand“ funktioniert, ist der Abgeber
ein idealer Praxisvertreter (Urlaub, Krank-
heit).
Der Abgeber hat oft ein persönliches Inte-
resse daran, die Praxis und seine Patienten
in gute Hände zu übergeben. Dies betrifft
Die warme Hand ist besser
Fließender Übergang mit warmer Hand oder die kalte abrupte Übergabe: Der
Inhaberwechsel ist für Abgeber und Übernehmer immer eine Herausforderung.
Der Fachanwalt für Medizinrecht Carsten Wiedey aus Hamburg erklärt, warum
sich die warme Hand lohnt.
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Die erfolgreiche Praxisabgabe
Foto: medizinrecht-aktuell.de
Carsten Wiedey berät Gründer,
Abgeber, und Übernehmer.