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gehörigen hatte er bereits durch seine Praxis
und die Mitgliedschaft in anderen NS-Orga-
nisationen. In Berlin übernahm Blaschke nun
die Leitung des allgemeinen zahnärztlichen
Gesundheitsdienstes im SS-Sanitätsamt.
Neben der konzeptionellen Arbeit zählten
die Prüfung der Haushaltsmittel der bewaff-
neten SS sowie die Leitung der Arbeit der
zahnärztlichen Stationen der SS in Dachau
und Sachsenhausen zu seinen Aufgaben.
Hier wurde besonders das SS-Leitungs- und
Funktionspersonal der dortigen Konzentrati-
onslager behandelt, so dass Blaschke spätes-
tens seit 1935 mit den KZs vertraut war,
denn seine Dienstreisen führten ihn oft dort-
hin. Am 20. April 1939, Hitlers 50. Geburts-
tag, wurde Blaschke zum SS-Standartenfüh-
rer befördert, was dem Dienstgrad eines
Obersts gleichkam. In der Position als SS-
Führer und Zahnbehandler Hitlers betrieb
Blaschke auch Lobbyarbeit für den Berufs-
stand der Dentisten und beschäftigte sich
mit der Frage, wie man die Berufsstände der
Zahnärzte und Dentisten vereinen könne –
zusammen mit „Reichszahnärzteführer“
Ernst Stuck.
Sein Aufstieg in der SS
Mit dem deutschen Überfall auf Polen
begann im September 1939 der Zweite
Weltkrieg. Dem Vernichtungskrieg gegen
die Sowjetunion fielen weit über 22 Millio-
nen Menschen zum Opfer, sechs Millionen
Juden wurden ermordet. Der ehemalige
Unteroffizier Blaschke machte nunmehr eine
rasante Karriere in der SS. 1941 mit dem
Dienstgrad eines SS-Standartenführers als
hauptamtlicher Führer in die Waffen-SS
übernommen, stieg er bis Oktober 1944
zum „SS-Brigadeführer und Generalmajor
der Waffen-SS“ auf. Im August 1943 wurde
er zum „Obersten Zahnarzt beim Reichsarzt-
SS und Polizei“ ernannt. Himmler hatte ihm
den Totenkopfring und Ehrendegen der SS
verliehen und ihn – als den für die zahnärztli-
che Versorgung der SS verantwortlichen SS-
Führer – mit dem Kriegsverdienstkreuz 1.
und 2. Klasse mit Schwertern ausgezeichnet.
Blaschkes Verdienst fasste „Reichsarzt-SS“
Grawitz 1944 in einem Schreiben zusam-
men: Er habe aus dem Nichts, „entgegen
aller Widerstände, die sich insbesondere aus
der bis heute ungeklärten Situation der Aus-
bildung und des Standes der Zahnärzte und
Dentisten ergeben“, die zahnärztliche Ver-
sorgung der gesamten SS, insbesondere
auch der Waffen-SS, geschaffen“.
Ohne dass es anhand von Dokumenten
belegbar ist, muss man davon ausgehen,
dass Blaschke als „Oberster Zahnarzt“ der
SS genaueste Kenntnisse von einem
schlimmsten SS-Verbrechen besaß: dem
Zahngoldraub der in den Konzentrationsla-
gern ermordeten Menschen. In seiner Funk-
tion als Chef des Amtes IV (zahnärztlicher
Dienst) in der Dienststelle „Reichsarzt-SS
und Polizei“ im SS-Hauptamt war er mit der
Organisation der SS genau vertraut, besaß
persönliche Kenntnisse von den KZs und
stand im engen dienstlichen Austausch mit
dem SS-Wirtschafts- und Verwaltungs-
hauptamt, dem die Konzentrationslager
administrativ unterstanden. 1941 begann
der Holocaust, ab 1942 wurden die europäi-
schen Juden in den Vernichtungslagern sys-
tematisch ermordet. Himmler hatte die
Gewinnung von Zahngold verfügt, das den
Leichen nach der Vergasung durch Mitge-
fangene herausgebrochen wurde. Bereits
im Oktober 1942 teilte das SS-Wirtschafts-
und Verwaltungshauptamt Himmler mit,
dass Blaschke über 50 kg Gold von toten
Häftlingen zur Behandlung der SS-Männer
verfügen würde. Dass Blaschke nicht wuss-
te, woher das Gold stammte, ist unwahr-
scheinlich. Der SS-General blieb weiterhin
Hitlers „Leibzahnarzt“ und kam nun auch zu
akademischen Weihen: Der „Führer“
ernannte den Dentisten im Juni 1943 zum
Professor. Folgt man Blaschkes Nachkriegs-
aussagen, war ihm vorher auch der deut-
sche Doktorgrad Dr. med. dent. verliehen
worden. Noch im April 1945 wurde Blasch-
ke auf Hitlers Befehl aus Berlin nach Ober-
bayern ausgeflogen und dort von US-Trup-
pen verhaftet. Sein Vorgesetzter, der
„Reichsarzt-SS“, beging Suizid.
Blaschke entging nach dem Untergang des
„Dritten Reiches“ einer Anklage durch ein
alliiertes Gericht, er wurde lediglich als Zeu-
ge für die Nürnberger Prozesse vernommen.
Im Dezember 1947 wurde er aus dem Nürn-
berger Gefängnis in das Internierungslager
Nürnberg-Langwasser verlegt, dort zunächst
als Hauptschuldiger von einer Spruchkam-
mer zu drei Jahren Arbeitslager verurteilt.
1948 erfolgte ohne weiteres Nachverfahren
eine Neueinstufung: Der ehemalige SS-
General und „Oberste Zahnarzt“ beim
„Reichsarzt-SS und Polizei“ wurde in die
Gruppe der Mitläufer eingereiht und entlas-
sen. Schon wenig später eröffnete Blaschke
in Nürnberg wieder eine eigene Praxis,
wobei er den von Hitler verliehenen Doktor-
und Professorentitel weiterhin führte. Ohne
seine eigene Verantwortung in der SS je
kritisch hinterfragt zu haben, starb er 1960
als angesehenes Mitglied der Gesellschaft.
Jens Westemeier und Mathias Schmidt
Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der
Medizin, Medizinische Fakultät der RWTH
Aachen, Uniklinikum Aachen Wendlingweg 2,
52074 Aachen,
jwestemeier@ukaachen.deEnde Oktober fand am Institut für Ge-
schichte, Theorie und Ethik der Medizin,
Universitätsklinikum der RWTH Aachen,
unter der Leitung von Prof. Dominik Groß
und Dr. Mathias Schmidt die Fachtagung
„Die Ärzte der Nazi-Führer – Karrieren und
Netzwerke“ statt. Beleuchtet wurden die
beruflichen Biografien der Haus-, Leib-
und Begleitärzte führender Vertreter des
NS-Regimes – auch die von Hugo Johan-
nes Blaschke: Hitlers Leibzahnarzt, der
„Dentist des Teufels“. Ärzte und Medizin-
historiker aus ganz Deutschland zeigten,
dass diese Mediziner führend an den Nazi-
Verbrechen beteiligt waren und sie biswei-
len sogar selbst initiierten.
Nahezu zeitgleich startete am Aachener
Institut für Geschichte, Theorie und Ethik
der Medizin das erste nationale Drittmit-
telprojekt zur Aufarbeitung der Rolle der
Zahnärzteschaft im Nationalsozialismus
(siehe zm 12 und zm 13/2016), das von
der DGZMK, der BZÄK und der KZBV
unterstützt und finanziert wird.
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„Die Ärzte der Nazi-Führer“
Historikertagung Aachen
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