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107, Nr. 4, 16.2.2017, (362)
Wasser. Werden Temperaturen zwischen
42 °C und 45 °C erreicht, spricht man von
Überwärmung. Kollagen beginnt hier zu
schrumpfen. Ab 50 °C vermindert sich die
Aktivität von Enzymen, ab 60 °C denaturie-
ren Proteine, koagulieren Kollagene und
Zellmembranen werden durchlässig. Ab
100 °C trocknet das Gewebe aus, es bilden
sich Vakuolen. Bei höheren Temperaturen
verdunstet das Wasser und das Gewebe
beginnt zu karbonisieren. Im Bereich von
300 °C bis 1000 °C schließlich kommt es zur
Thermoablation von Gewebe, begleitet von
Photoablation und Disruption.
Um den gewünschten Effekt zu erhalten,
muss der verwendete Laser die Ideal-Wellen-
länge des Zielgewebes treffen, diejenige,
bei der eine maximale oder zumindest mög-
lichst große Wechselwirkung stattfindet.
Möchte man zum Beispiel wasserhaltiges
Gewebe aufheizen, eignet sich ein Er:YAG-
Laser: Mit einer Wellenlänge von 2.940
Nanometern trifft er ziemlich genau be-
stimmte Eigenschwingungen des Wasser-
moleküls – vorstellbar als Gebilde aus drei
Kugeln (ein Sauerstoff, zwei Wasserstoffe),
die durch Federn miteinander verbunden
sind und in definierter Weise schwingen.
Das Wassermolekül kann so Licht mit einer
Wellenlänge von 2.940 Nanometern beson-
ders gut absorbieren (seine Energie auf-
nehmen und in Wärme umsetzen) – damit
verbunden ist auch eine geringe Eindring-
tiefe von nur 0,83 Mikrometern (Millionstel-
millimeter) [4]. Letztlich lassen sich auf diese
Weise Gewebestrukturen unter Erhitzen/
Verdampfen von Wasser zerstören und dabei
punktförmig oder großflächig Schichten
bei einer Schädigung des benachbarten
Gewebes abtragen.
Wirkungen von Wärme
Somit eröffnet der Er:YAG-Laser neben dem
Er,Cr:YSGG-Laser relativ viele Anwendungs-
möglichkeiten – von der eingeschränkten
Kariestherapie (Kariesentfernung, Abtöten
von Bakterien, Präparation, Schmelzkondi-
tionierung) über die Endodontie (Keimzahl-
reduzierung im Wurzelkanal) und die
Parodontologie (Konkremententfernung,
Abtöten pathogener Keime, Entfernung
entzündlichen Gewebes) bis hin zur Oral-
chirurgie. Mit den beiden genannten Laser-
typen gelingen ein gezielter Knochen-
abtrag, die Blutstillung durch Koagulation
kleiner Gefäße, die Implantatfreilegung, die
Gingivoplastik und feinste Schnitte, die
Nähte teilweise überflüssig machen. Für die
letztgenannte Indikation eignet sich alterna-
tiv der CO
2
-Laser als „Laser-Skalpell“. Der
Er,Cr:YSGG-Laser wird neuerdings auch
zur Entfernung nicht erhaltungswürdiger
Implantate vorgeschlagen („Trepanbohrer-
Alternative“) [Arbeitsgruppe um René Fran-
zen, Aachen].
Systeme mit ultrakurzen
Pulsen
Der IDS-Besucher wird in den Kölner Messe-
hallen eine Reihe an Innovationen finden:
Für die Endodontie hält die Lasertechno-
logie unter anderem das photoninduzierte,
photoakustische Streaming zur Unterstützung
der Wurzelkanalspülung bereit. Ein Er:YAG-
Laser gibt Impulse von 50 Mikrosekunden
ab und löst damit Kavitationseffekte aus: Die
Spülflüssigkeit verdampft und lässt eine
große Gasblase an der Glasfaserspitze des
Instruments entstehen, die schließlich kolla-
biert und eine Schockwelle erzeugt, die
dann in einer Kettenreaktion weitere vibrie-
rende Kavitationsblasen auslöst. Ergebnis
dieses „akustischen Streamings“: ein reini-
gender und debrisabtragender Effekt.
Im Bereich der Weichgewebschirurgie
wiederum bringen blaue Laser spezifische
Vorteile, weil ihre Wellenlängen von pig-
mentierten Zellen besonders gut absorbiert
werden, aber nicht tief eindringen. Das er-
möglicht kontaktlose, schonende Schnitte
mit hoher Präzision und in großer Ge-
schwindigkeit. Seine bakteriziden Eigen-
schaften prädestinieren den blauen Laser
wiederum für die Wurzelkanaldesinfektion
[Arbeitsgruppe um René Franzen, Aachen].
Zu den herausragenden Neuerungen der
jüngsten Zeit zählen Systeme mit ultra-
kurzen Pulsen – ein Trend, der zur IDS 2017
fortgeschrieben wird. In der Automobil-
industrie sind Ultrakurzpulslaser unentbehr-
lich, zum Beispiel bei der Energieoptimierung
durch hochfeine Einspritzdüsen in Motoren.
Klinisch wird mit diesen Piko- beziehungs-
weise Femtosekundenlasern mit bis zu
500.000 Pulsen pro Sekunde eine sowohl
besonders effiziente als auch schonende
Therapie erreicht, denn sie sorgen für hohe
Spitzenintensitäten bei geringster Wärme-
übertragung. Auch lässt sich die Haftkraft
von Bondingsystemen durch Bestrahlung
von Dentin und Schmelz mit Ultrakurzpuls-
lasern erhöhen. Ultrakurzpulslaser weisen eine
Pulsdauer von weniger als 10 Pikosekunden
(Billionstelsekunden) auf, die applizierten
Anwendung des Lasers in der zahntechnischen Prothetik: Materialbearbeitung einer Kobalt-
Chrom-Legierung, zum Beispiel zur Herstellung von Kronen oder Brücken.
Foto: Dentsply Sirona Prosthetics
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Zahnmedizin