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107, Nr. 4, 16.2.2017, (358)
Forscher der National University of Singa-
pore, Faculty of Dentistry, hatten unter-
sucht, ob Babys mit Ekzemen einem er-
höhten Kariesrisiko ausgesetzt sind. Dazu
befragten die Wissenschaftler die Eltern von
mehr als 500 Kindern. Auf der Babyhaut
wurde ein Pricktest zur Feststellung von
Allergien durchgeführt. Danach wurden
die Babys in drei Gruppen aufgeteilt: 1. mit
positivem Pricktest und diagnostiziertem
Ekzem, 2. mit Ekzem und negativem Prick-
test sowie 3. ohne Ekzem. Als die Kinder
zwei und drei Jahre alt waren, wurde dann
deren Mundgesundheit untersucht. Dabei
stellten die Forscher fest, dass die Kinder, bei
denen Ekzeme diagnostiziert worden waren
und deren Pricktest positiv ausgefallen war,
dreimal häufiger an Karies litten.
Die Ärzte vermuten nun, dass „strukturelle
Gen-Defekte“ bei der Heranbildung des
Embryos im Mutterleib als biologischer
Mechanismus dafür verantwortlich sind. Dies
sei das erste Mal, dass ein Zusammenhang
zwischen diesen beiden Krankheiten ent-
deckt wurde, bilanzierten die Mediziner.
Die Studie ist Teil eines großen Projekts mit
über 1.200 singapurischen Familien. Ziel ist,
herauszufinden, wie Gene und Umwelt
die Entwicklung von Kindern beeinflussen.
„Unsere neuesten Erkenntnisse sollen Eltern
und Pflegepersonen von Babys mit Ekzemen
für ein erhöhtes Kariesrisiko sensibilisieren“,
sagte Prof. Dr. Stephen Hsu von der Faculty
of Dentistry. Die Forscher führen nun eine
genetische Analyse durch, um den verant-
wortlichen biologischen Mechanismus zu
bestätigen. Zudem soll ein möglicher
Zusammenhang zwischen Karies und
anderen Krankheiten im Kindesalter unter-
sucht werden.
Prof. Dr. Ulrich Schiffner, Poliklinik für Zahn-
erhaltung und Präventive Zahnheilkunde am
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf,
sieht die Ergebnisse kritisch (Kasten). Für ihn
steht die Kernaussage im Widerspruch zu
drei anderen Studien aus den USA, Japan
und Schweden stehe, in denen kein Zusam-
menhang zwischen Ekzemen und Karies er-
mittelt wurde. In Deutschland seien derzeit
keine Zusammenhänge von Ekzemen und
einem erhöhten Kariesrisiko bei Kleinkindern
bekannt. „Mit der auffällig hohen Karies-
prävalenz von ungefähr 43 Prozent bei den
Dreijährigen in der Studie ist die Vergleich-
barkeit fraglich“, sagte Schiffner.
dg
Die Studie:
Tosha Ashish Kalhan, MSc, Evelyn Xiu Ling
Loo, PhD, Ashish Chetan Kalhan, MDS,
Michael S. Kramer, MD, Bindu Karunakaran,
MSc, Carolina Un Lam, PhD, Hugo Van Bever,
PhD, Lynette Pei-chi Shek, MBBS, Anne Goh,
MMed, Yap Seng Chong, MD, Bee Wah Lee,
MD, Peter Gluckman, KNZM, FRSNZ,
FMedSci, FRS, Kenneth Kwek, MMed, FRCOG,
Seang Mei Saw, PhD, Keith Godfrey, PhD ,
Chin-Ying Hsu, PhD:
Atopic dermatitis and early childhood caries:
Results of the GUSTO study, In: The Journal of
Allergy and Clinical Immunology,
doi.org/10.1016/j.jaci.2016.10.038Zusammenhang von entzündlichen Hauterkrankungen und Karies
Haben Kinder mit Ekzemen öfter Karies?
Eine aktuelle Arbeit aus Singapur sorgt für Diskussionen in der Zahnmedizin:
Babys mit Ekzemen haben demnach aufgrund einer genetischen Disposition
später ein höheres Kariesrisiko. Stimmt das? Prof. Dr. Ulrich Schiffner erklärt,
wo die Studie hinkt.
\
Die Untersuchung ist nicht als eine durch
ein Review-Verfahren geprüfte Studie veröf-
fentlicht, sondern als „Letter to the editor“.
\
Karies wird nur als Ja/Nein-Einteilung,
ungeachtet von Ausmaß und Schweregrad,
erhoben.
\
Die Jungen haben öfter Ekzeme, mit drei
Jahren aber weniger oft Karies als die
Mädchen.
\
Alle Aspekte zu den Verhaltensweisen
der Eltern fehlen. Bekommen an Ekzemen
leidende Kinder eventuell mehr Süßigkeiten?
\
Angaben zur Mundhygiene fehlen eben-
falls.
\
Insgesamt ist die Studie in ihren Grund-
annahmen und vor allem in ihren auf das
Genom bezogenen Schlussfolgerungen hoch
spekulativ.
Prof. Dr. Ulrich Schiffner
Poliklinik für Zahnerhaltung und Präventive
Zahnheilkunde am Universitätsklinikum
Hamburg-Eppendorf
Die Schwächen der Studie
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