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107, Nr. 12, 16.6.2017, (1468)
Die eigene Praxis und das eigene Dach über
dem Kopf stehen, wenn‘s um finanzielle
Wünsche geht, bei jungen Zahnärzten an
erster Stelle. Ich kann das gut verstehen, weil
beide Investitionen hohe Erträge abwerfen,
wenn die Rendite nicht in Geld, sondern
in Gefühlen ausgedrückt wird. Bevor der
Wunsch von der Praxis in der Stadt und dem
Eigenheim im Grünen jedoch Wirklichkeit
wird, sind erhebliche Anstrengungen nötig,
frei nach demMotto: Erst Schein auf Schein,
dann Stein auf Stein. Wenn das Vorhaben
beispielsweise 500.000 Euro kostet, sind
trotz der niedrigen Kreditzinsen mindestens
100.000 Euro nötig, um die Vorhaben auf
festen Grund zu stellen.
So klar das vielen Anlegern ist, so groß ist
zurzeit freilich die Ratlosigkeit, wie der
optimale Sparvertrag aussieht: Bank, Bau-
sparkasse oder Investment-
fonds? Wofür würden Sie sich
entscheiden, wenn in zehn
Jahren etwa 100.000 Euro zur
Verfügung stehen sollen? Was
würden Sie machen, wenn der
kleinste gemeinsame Nenner
aller Geldanlagen die „trost-
lose“ Aussicht ist, für die
120 Sparraten kaum Zinsen
zu bekommen? Aufschieben
oder Kneifen gilt nicht! Sie
„müssen“ sich für mindestens
einen Vertrag, und Sie „dür-
fen“ sich für höchstens zwei Verträge ent-
scheiden.
Die meisten Banken bekleckern sich, wenn
es um Sparpläne mit festem Zins und einer
Laufzeit von zehn Jahren geht, nicht gerade
mit Ruhm. Die Genossenschaftsbanken
und die Sparkassen versuchen, ihre Kunden
zum Abschluss von Bausparverträgen und
Investmentplänen zu überreden, und die
Großbanken sind, sobald es um Zinsen
geht, zugeknöpft bis zum Stehkragen.
Der große Lichtblick ist im Augenblick
ein Konzern mit dunkler Vergangenheit.
Diesel hin, Volkswagen her, die Autobank
in Wolfsburg bietet ihren Kunden für zehn
Jahre feste Zinsen! Die jährlichen Sätze be-
ginnen bei 0,2 Prozent und steigen im Laufe
der Zeit auf 1,40 Prozent. Das sind im Mittel
jährlich 0,86 Prozent, so dass monatliche
Sparraten von 798 Euro nötig sind, um das
Ziel zu erreichen.
Düster sieht‘s bei den Bausparkassen dieser
Republik aus. Dort sind die Zinsen für Gut-
haben auf 0,1 Prozent pro Jahr gefallen.
Gleich geblieben sind jedoch die Kosten. Die
einmalige Abschlussgebühr beträgt 1 Pro-
zent der Bausparsumme, und die jährlichen
Kontoführungsgebühren liegen zwischen
6 und 12 Euro. Das sieht auf den ersten
Blick harmlos aus, doch wer beide Augen
aufmacht und die Sache nüchtern durch-
rechnet, wird sich mit hoher Wahrschein-
lichkeit ernüchtert die Augen reiben. Die
Rendite ist negativ!
Bei einem jährlichen Zinssatz von 0,1 Pro-
zent sind 120 monatliche Sparraten von
jeweils 829 Euro und 21 Cent nötig, um in
zehn Jahren auf ein Guthaben von 100.000
Euro zu kommen. Wenn die Kontoführung
jährlich 12 Euro kostet, lautet die Zusatzzahl
ein Euro, so dass die Sparrate „rund“ 830
Euro beträgt. Um in den Genuss zu kommen,
sich „Bausparer“ nennen zu dürfen, ist wie
im Golf- oder Tennisclub eine „Aufnahme-
gebühr“ von 2.500 Euro fällig.
Darf ich Sie bitten, mal schnell zum
Taschenrechner zu greifen? 500 kleine
Fünf-Euro-Scheine und 120 große Sparraten
von 830 Euro führen zu einer Summe von
102.100 Euro. Auf dem Sparkonto stehen
jedoch nur 100.000 Euro, so dass Ihnen –
hier und heute – bestimmt klar wird, was
negative Zinsen sind. Die Rendite liegt bei
minus (!) 0,4 Prozent pro Jahr. Dafür haben
Sie zwar den Anspruch auf einen Kredit
von 150.000 Euro, der zwischen 2,15
und 2,25 Prozent pro Jahr kostet, doch der
Preis, den Sie dafür bezahlen, ist in meinen
Augen (zu) hoch. Das würde ich mir gut
überlegen.
Die dritte Möglichkeit, ein Sparschwein zu
mästen, sind Investmentfonds, die aus
Gründen der Sicherheit zu 100 Prozent
aus Anleihen bestehen. So etwas bringt
Ihnen etwa 1,5 Prozent pro Jahr, und so
etwas führt, wenn Sie nicht aufpassen wie
ein Luchs, zu schmerzhaften Abzügen.
Wollen Sie bitte wieder mitrechnen? Die
Verwaltung in den großen Publikumsfonds
kostet 0,8 Prozent. Dadurch sinkt Ihre lau-
fende Verzinsung auf 0,7 Prozent pro Jahr.
Bei diesem Satz müssen Sie monatlich 805
Euro sparen, um im Laufe von zehn Jahren
auf 100.000 Euro zu kommen. Hinzu kommt
pro Rate der Ausgabeaufschlag von 2 Pro-
zent, so dass Sie monatlich 821 Euro in die
Sparbüchse stecken müssen. Das ist eine
Rendite von 0,3 Prozent pro Jahr.
Bei den Verzinsungen der drei Sparverträge
ist in meinen Augen die Gefahr gering,
Trübsal zu blasen und zur Flasche zu greifen,
frei nach Wilhelm Busch: Wo Sorgen sind,
ist auch Likör! Der Banksparplan bringt 0,9
Prozent. Der Bausparvertrag liefert minus
0,4 Prozent. Der Investmentplan rentiert
sich mit 0,3 Prozent. Was soll man dazu
sagen? Die beste Antwort ist vermutlich,
das „Unfassbare“ staunend zu ertragen.
Trotzdem sollten Sie, auch wenn es Ihnen
schwerfällt, eine Entscheidung fällen, weil
am Sparen kein Weg vorbeiführt. Ich würde
den Banksparplan nehmen, und wenn Sie
um jeden Preis zwei Verträge brauchen,
rate ich noch zum Investmentfonds. Mehr
ist jedoch von Übel. Die Subvention der
Bausparkassen ist nicht mein Ding. Ich bin
doch (k)ein Fuchs!
Volker Looman über Sparverträge in Zeiten des Minizinses
Wer bauen will, muss vorher sparen
Der Autor ist freiberuf-
licher Finanzanalytiker
in Stuttgart. Jede Woche
veröffentlicht er in der
BILD und in der FAZ
einen Aufsatz über
Geldanlagen. Außerdem
unterstützt er Zahnärzte
auf Honorarbasis bei
der Gestaltung des
Privatvermögens.
www.looman.deKolumnen entsprechen nicht immer der Ansicht der Herausgeber.
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