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zm

107, Nr. 1, 1.1.2017, (3)

Ich hoffe, dass Sie gut in das neue Jahr

gekommen sind, für das ich Ihnen von

Herzen alles Gute, Erfolg und Gesundheit

wünsche. Und dass Sie Ihre gute Laune

ob all der Aufgaben und auch Problem-

stellungen, vor denen die Zahnärzteschaft

steht, nicht verlieren mögen. Ich fürchte

jedoch, dass es wohlmeinende Worte

bleiben werden.

Und dieses nicht nur, weil unsere Kultur,

unsere Art und Weise zu leben, heftigen

Angriffen ausgesetzt ist. Der Anschlag in

Berlin auf den Weihnachts(!)markt an der

Gedächtnis(!)kirche, aus meiner Sicht also

auf zentrale Symbole unserer Kultur, gibt

wie durch ein Brennglas den Blick frei auf

eine gesellschaftliche Entwicklung, von der

wir uns ernsthaft fragen müssen: Wollen wir

diese wirklich so haben? Erlauben Sie mir

in diesem Zusammenhang einen kleinen

Exkurs, um die Herkunft und die Bedeutung

des Begriffs „Kultur“ vor Augen zu führen.

Kultur entlehnt sich dem lateinischen colere,

was so viel heißt wie anbauen, pflegen,

wohnen. In der cultura steckt etymologisch

neben dem Landbau (die Bodenkultur)

auch die Pflege der geistigen Güter (die

Geisteskultur). Die heutige Begrenzung

des Begriffs Kultur auf die „Gesamtheit

der geistigen und künstlerischen Lebens-

äußerungen einer Gesellschaft“ und folglich

deren Delegation an „Kulturschaffende“

führt offensichtlich zu der Fehleinschätzung,

dass „man selber nichts für die Kultur zu tun

braucht“. Es ist genau andersherum: Wie in

der Landwirtschaft gedeihen Pflanzen nur

mit Pflege – eigener Pflege!

Was mich zu der Vielzahl an Aufgaben führt,

die in diesem Jahr von der verfassten Zahn-

ärzteschaft in Angriff zu nehmen sind. Und

diese haben es wahrlich „in sich“. Eine nicht

vollständige Auswahl: das Selbstverwaltungs-

stärkungsgesetz, die neue Approbations-

ordnung Zahnärzte, die Neuausrichtung

der Parodontitis-Behandlung in der vertrags-

zahnärztlichen Versorgung, die Festlegung

von Art und Umfang der neuen zahnärzt-

lichen Leistungsbereiche zur Prävention bei

Patienten mit Handicap und der zahnärzt-

lichen Betreuung der Null- bis Dreijährigen,

das Thema Praxislabor und die MVZ-Pro-

blematik samt der Vergewerblichung und

Industrialisierung der Zahnheilkunde sind

die nach wie vor auf der Agenda stehenden

Arbeitspunkte. Aber auch so mancher inner-

zahnärztliche Zwist …

Der Aufgabenmarathon 2017 startet Mitte

Januar mit der Anhörung zum Entwurf für

das unsägliche Selbstverwaltungsstärkungs-

gesetz. Selten ist die Wortwahl politisch

so entlarvend gewesen. Denn wenn das

Wort Stärkung gleichbedeutend ist mit

der tatsächlichen Schwächung der Selbst-

verwaltung, dann stellt sich die Frage nach

dem Nutzen nicht mehr. Müsste es der

Politik nicht zu denken geben, wenn die

Selbstverwaltungen – neben KZBV, KBV,

GKV-Spitzenverband, der Medizinische

Dienst des Spitzenverbandes Bund der

Krankenkassen und der G-BA – geschlossen

und mit allen rechtstaatlichen Mitteln

dagegen argumentieren? Wohlgemerkt sind

das die Organisationen, die nicht gerade

dafür bekannt sind, Freunderlwirtschaft zu

betreiben. Wenn die Politik aber trotzdem

nur zu kosmetischem Entgegenkommen

bereit ist, dann ist so ein Verhalten eben

keine Beratungsresistenz mehr, sondern das

Abarbeiten einer „anderen“ politischen

Agenda. Eine Agenda, in der die

„Selbst“verwaltung in eine „Staats“verwal-

tung umfunktioniert werden soll. Will man

dieses nicht, muss man sich statt wehren

zu lassen eben auch selber wehren.

Abgeordnete sind in ihrem Wahlkreis ohne

großen Aufwand erreichbar!

Dr. Wolfgang Eßer hatte es so formuliert:

„Ohne eine funktionierende Selbstverwal-

tung wird es keine freiberufliche Ausübung

der Zahnheilkunde in Deutschland mehr

geben!“

Eben, genau das steht auf dem Spiel.

Foto: zm-Axentis.de

Kultur ist, was man selber daraus macht

Dr. Uwe Axel Richter

Chefredakteur

3

Editorial