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107, Nr. 2, 16.1.2017, (152)
Neben den verschiedenen allgemeinmedizi-
nischen Besonderheiten können Patienten
mit Down-Syndrom (DS) häufig von folgen-
den zahnmedizinischen Befunden betroffen
sein, die dann einer konservierenden, paro-
dontologischen oder kieferorthopädischen
Therapie bedürfen.
Hierzu zählen:
\
pathologische Funktionsmuster der oro-
fazialen Muskulatur bereits ab der Geburt,
Hypotonie mit Pseudomakroglossie, offener
Mundhaltung und protrahierter Zungen-
ruhelage, Habits (Nuckeln an der Zunge),
später auch Bruxismus
\
Salivation nach extraoral
\
Anomalien der Anatomie der Zunge
(etwa Diastase, lingua plicata)
\
Verzögerungen des Zahnwechsels
\
Veränderungen der Zahnzahl (signifikant
mehr Hypodontien sowohl im Ober- als
auch im Unterkiefer ebenso wie signifkant
mehr Impaktionen, beschrieben werden
ebenfalls Hyperdontien)
\
Modifikationen der Zahnform (vermehrt
hier auch Hypoplasien in Form von Zapfen-
zähnen wie auch Taurodontismus)
\
Anomalien der Zahn- und Kieferstellung
(Dysgnathien, die signifikant erhöht sind,
insbesondere durch verstärkte anteriore
sagittale Schädelbasisverkürzungen mit
Kreuzbiss, der signifikant häufiger auftritt,
sowie mit offenem Biss)
\
Alterationen der Gaumenkonfiguration
\
Parodontitis
\
Karies und auch nicht kariesbedingte
Zahnhartsubstanzveränderungen
Diagnostik
Daher wird folgende Diagnostik empfohlen:
\
Beurteilung der Morphologie der oro-
fazialen Weichgewebe, ihrer Ruhelage
und Funktionsmuster (inklusive möglicher
Habits), der Salivation, der Mundhygiene,
des Zahnstatus, der Einzelkiefer und der
Bisslage
\
gegebenfalls Röntgen
\
Einschätzung der Kooperation von Eltern
und Kind
\
gegebenenfalls ist zur umfassenden Beur-
teilung der orofazialen Region eine phonia-
trisch-pädaudiologische beziehungsweise
HNO-ärztliche Mitbeurteilung erforderlich.
Therapieempfehlungen
Im Konsensverfahren wurden dazu folgende
Therapieempfehlungen erarbeitet und ver-
abschiedet:
\
Eltern von Kindern mit DS sollten früh-
zeitig, vorzugsweise vor dem Durchbruch
des ersten Milchzahns, mit ihrem Kind bei
einem erfahrenen Therapeuten/Zahnarzt/
Kieferorthopäden/Kinderarzt/SPZ vorstellig
und informiert werden über Möglichkeiten
der Prävention und Therapie (Mundhygiene
besonders bei eingeschränkter Kooperations-
fähigkeit, Ernährung inklusive Gebrauch von
Saugerflaschen, Fluoridierungsmaßnahmen,
Zahnentwicklung).
\
Durch Kieferorthopäden und spezialisierte
Physiotherapeuten/Logopäden sollte geprüft
werden, ob eine pathologische Mund- und
Zungenhaltung und damit die Indikation
zur Versorgung mit einer Stimulationsplatte
vorliegt. Sollte diese Indikation gestellt wer-
den, wurde die Anwendung der Platte auf
Basis der bisher verfügbaren Literatur stets
durch eine funktionelle orofaziale Therapie
begleitet. Wichtig ist dabei die regelmäßige
Beratung der das Kind betreuenden Personen.
Eine prophylaktische Stimulationsplatten-
S2k-Leitlinie „Down-Syndrom im Kindes- und Jugendalter“
Patienten mit Down-Syndrom
Ariane Hohoff, Heike Korbmacher-Steiner, Julian Schmoeckel, Anna Wolff
In der neuen S2k-Leitlinie „Down-Syndrom im Kindes- und Jugendalter“ wurden
auch zahnmedizinische Aspekte verankert. Nachstehend werden die funk-
tionellen und orofazialen Punkte, die aus zahnmedizinischer beziehungsweise
kieferorthopädischer Sicht bei Patienten mit Trisomie 21 zu bedenken sind und
in die Leitlinie aufgenommen wurden, im Überblick vorgestellt.
Stimulationsplatte nach Castillo-Morales
Foto: A. Hohoff
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Zahnmedizin