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zm

107, Nr. 3, 1.2.2017, (201)

Wenn die Politik die Kunst des Machbaren

ist, dann ist Bundesgesundheitsminister

Hermann Gröhe zum Ende der Legislatur

tatsächlich dabei, seinem Macherimage –

vulgo Umsetzer des Koalitionsvertrags –

eine weitere, diesmal schillernde Facette

hinzuzufügen. Nämlich die des Polit-Künst-

lers. Was man durchaus als Auszeichnung

verstehen darf, denn schon Otto von

Bismarck sagte: „Die Politik ist keine

Wissenschaft, wie viele Professoren meinen,

sondern eine Kunst.“

Ob es zu mehr als Wortkunst reichen wird –

aus einer gezielten Schwächung der Selbst-

verwaltung eine Stärkung zu machen, ist

schon große Rabulistik (Rabulist = Wort-

verdreher) – und ob Gröhe tatsächlich die

Stufe eines großen Politikkünstlers erreichen

wird, werden wir in wenigen Wochen sehen.

Dann nämlich, wenn das GKV-Selbstverwal-

tungsstärkungsgesetz zur Abstimmung im

Bundestag ansteht. Jedenfalls das, was von

dem Entwurf des Gesundheitsministeriums

übrig geblieben ist bzw. zur Abstimmung

kommen wird.

Aus Sicht der betroffenen Körperschaften

hat die konsequente Kritik an dem Gesetz-

entwurf durchaus Erfolg gehabt. So ist der

größte „Hammer“, die Fachaufsicht, vom

Tisch. Aber alles weitere Entgegenkommen

seitens des Ministeriums würde ich nur

als Wort-Kosmetik bezeichnen. Da half

auch die Anhörung vor dem Gesundheits-

ausschuss wenig. Denn 90 Minuten Zeit für

Fragen der Abgeordneten und Antworten

der fünf betroffenen Körperschaften sowie

unabhängigen Sachverständigen sind –

seien wir ehrlich – nichts. Wenn jeder der

Teilnehmer nur das Wort „GKV-Selbstver-

waltungsstärkungsgesetz“ aussprechen

wollte, wäre die Hälfte der Zeit bereits rum.

Im Ernst: Angesichts von fünf betroffenen

Selbstverwaltungen und der durch das Ge-

setz intendierten, erheblichen Veränderungen

braucht eine seriöse Diskussion ein wenig

mehr Zeit als 5 Minuten und 30 Sekunden,

die der KZBV zugestanden wurden.

Doch wer weiß schon vorher, was nachher

ist? Im Fußball keiner, in der Politik jedoch

manche schon. So kann man die 90 Minuten

Anhörungszeit auch als Signal seitens der

Politik betrachten, welche Wertschätzung

sie der Selbstverwaltung zumisst. Vorge-

stanzte Fragen seitens der Abgeordneten,

bekannte Antworten von den Körperschaften

– und dem demokratischen Ritual ist genüge

getan. Nicht ganz, denn von den Sachver-

ständigen kamen die aus meiner Sicht wirk-

lich wichtigen Botschaften. Franz Knieps,

BKK-Bundesvorsitzender, in der Anhörung

aber als Sachverständiger sprechend, will

die Aufgaben und Funktionen, also die

Verantwortlichkeiten, stärker trennen. Und

der unabhängige Sachverständige Eckehard

Linnemann, schlug vor, die soziale Selbst-

verwaltung – also Kassen, MDS und G-BA –

von der berufsständischen Selbstverwaltung

zu separieren. Womit wir mehr oder minder

elegant bei den Verursachern dieses Gesetzes

angekommen sind, nämlich der KBV und

den dortigen Vorgängen. Dass Fremd-

und Eigenwahrnehmung der Immobilien-

geschäfte wie auch der Vorstandsquerelen

grundsätzlich differieren können, hatte

deren Vorsitzender Dr. Andreas Gassen auch

in dieser Anhörung hinlänglich bewiesen.

Und so kam es, wie es kommen „musste“:

Der Vorstandsvorsitzende des AOK Bundes-

vorstands, Martin Litsch, forderte, dass das

Gesetz mit all seinen Eingriffsbefugnissen

nur für die KBV gelten sollte.

Zurück zur Politikkunst. Mit der „eleganten“

Differenzierung zwischen sozialer und berufs-

ständischer Selbstverwaltung (die SPD wird

ob dieses Umstands jubilieren) und der An-

wendung des Verursacherprinzips, also des

GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetzes

nur auf Ärzte und Zahnärzte, hätte Gröhe

die Leistungserbringerseite am Kanthaken,

ohne sie direkt angegangen zu sein. Damit

dürfte die Zustimmung zu dem Gesetz im

Bundestag nicht mehr scheitern.

Divide et impera – Minister Gröhe ginge als

Ärztebastionsschleifer in die Geschichte ein,

als furchtloser Recke, der sich für größere

politische Aufgaben anbietet. Und die

KZBV? Obwohl ihr allseits bescheinigt wird,

vorbildliche Strukturen zu haben und diese

auch zu leben, würde ihr die Rolle, gleich-

zeitig Kollateralschaden und Kollateral-

nutzen zu sein, zufallen. Einzigartig, aber

kein Trost!

Foto: zm-Axentis.de

Im Beet des Erfolgs blüht die Verwegenheit*

Dr. Uwe Axel Richter

Chefredakteur

* asiatisches Sprichwort

** Den Artikel zum GKV-SVSG finden Sie auf S. 30.

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Editorial