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107, Nr. 3, 1.2.2017, (286)

Um überhaupt Investitionen verlässlich

planen zu können, ist für jeden Praxischef

eine feste Laufzeit des Mietvertrags wichtig.

Umgekehrt ist meist auch der Vermieter

daran interessiert, einen zuverlässigen Mie-

ter langfristig zu binden. Mietverträge mit

einer festen Laufzeit von bis zu 15 Jahren

sind daher keine Seltenheit.

Wird allerdings beim Abschluss oder bei nach-

träglichen Vertragsänderungen das gesetz-

lich bestimmte Schriftformerfordernis nach

§ 550 BGB nicht beachtet, ist der gesamte

Mietvertrag trotz fester Laufzeitvereinbarung

bereits nach einem Jahr Laufzeit für beide

Seiten unter Einhaltung einer Frist von sechs

Monaten zum Quartalsende kündbar.

Was bedeutet

„Schriftformerfordernis“?

Grundsätzlich kann ein Mietvertrag natür-

lich auch mündlich abgeschlossen werden.

Ein solcher Vertrag gilt dann allerdings als

für unbestimmte Zeit abgeschlossen und

ist entsprechend § 580 a Abs. 2 BGB nach

Ablauf eines Jahres bis zum dritten Werktag

eines jeden Kalendervierteljahres zum Ablauf

des nächsten Kalendervierteljahres sowohl

für den Vermieter als auch für den Mieter

ordentlich – das heißt unter Einhaltung einer

Frist von sechs Monaten zum Quartalsende

– kündbar (§ 580 Abs. 2 BGB).

Ein wirksam befristetes Mietverhältnis mit

fester Vertragslaufzeit endet hingegen erst

durch Zeitablauf und kann zuvor weder

vom Vermieter noch vom Mieter ordentlich

gekündigt werden. Allerdings setzt ein sol-

cher Zeitmietvertrag gemäß § 550 BGB die

Einhaltung des Schriftformerfordernisses

nach § 126 BGB voraus. So heißt es in § 550

BGB: „Wird der Mietvertrag für längere Zeit

als ein Jahr nicht in schriftlicher Form ge-

schlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit.

Die Kündigung ist jedoch frühestens zum

Ablauf eines Jahres nach Überlassung des

Wohnraums zulässig.“

Um dem gesetzlichen Schriftformerfordernis

nach § 126 BGB nachzukommen, muss der

gesamte Vertragsinhalt in einer Urkunde

niedergelegt werden. Insbesondere Ver-

tragsparteien, Vertragsgegenstand, Vertrags-

zweck, Vertragsdauer und Miete müssen

durch den Mietvertrag zweifelsfrei be-

stimmbar sein. Wesentlich ist, dass der Miet-

vertrag von allen Vertragsparteien sowohl

auf Vermieter- als auch auf Mieterseite auf

einem Dokument unterschrieben wird. Dies

gilt auch für alle nachträglichen Ergänzun-

gen oder Änderungen des Mietvertrags!

Wird das Schriftformerfordernis von den

Parteien bei Abschluss des Mietvertrags oder

bei der Vereinbarung von nachträglichen

Ergänzungen oder Änderungen nicht be-

achtet, bleibt der Mietvertrag dennoch

wirksam. Er gilt jedoch unabhängig von der

vereinbarten Vertragslaufzeit entsprechend

§ 550 BGB als auf unbestimmte Zeit abge-

schlossen und ist daher nach Ablauf eines

Jahres vorzeitig unter Einhaltung einer Frist

von sechs Monaten zum Quartalsende künd-

bar. Wird also bei Abschluss oder Änderung

gegen das Schriftformerfordernis verstoßen,

kann auch ein Vertrag mit einer Laufzeit von

beispielsweise 20 Jahren nach Ablauf von

einem Jahr vorzeitig sowohl vom Mieter als

auch vom Vermieter ordentlich unter Einhal-

tung der Frist von sechs Monaten zum

Quartalsende gekündigt werden.

Wieso ist eine vorzeitige

Kündigung rechtens?

Aufgrund der langen Laufzeitvereinbarungen

von Praxismietverträgen beschäftigen sich

deutsche Gerichte regelmäßig mit der Frage,

ob eine vorzeitige ordentliche Kündigung

des Vermieters trotz vertraglich vereinbarter

Laufzeit rechtmäßig ist. Besonders wenn der

Vermieter das Haus, in dem sich die Praxis

befindet, verkaufen möchte oder eine Erben-

gemeinschaft an die Stelle des Vermieters

tritt, wird mit allen Mitteln versucht,

die meist langfristigen Praxismietverträge

schnellstmöglich zu kündigen, um die Praxis-

räume rentabler neu zu vermieten oder leer-

stehend zu verkaufen. Begründet werden

diese Kündigungen meist mit dem (angeb-

Praxismietvertrag

Gekündigt – wegen fehlender Schriftform

Wenn dem Zahnarzt die Praxisräume nicht gehören, hängt die Existenz der Praxis

am Mietvertrag. Erfüllt dieser Vertrag jedoch nicht die gesetzlich vorgeschriebene

Schriftform, kann der Vermieter den Vertrag vorzeitig kündigen. Selbst wenn zuvor

im Mietvertrag eine feste Laufzeit vereinbart wurde.

Verträge per Handschlag und nur mündlicher Absprache scheinen unkomplizierter zu sein. Doch

bei Praxismietverträgen sollten man sich unbedingt an die Schriftform halten.

Foto: MEV

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