zm
107, Nr. 3, 1.2.2017, (282)
Zum Hintergrund:
Zahnfarbene Komposit-
restaurationen werden seit mehr als zwei
Jahrzehnten in umfangreichem Maß auch
im kaulasttragenden Seitenzahnbereich er-
folgreich eingesetzt. Vor dem Hintergrund
der Neu- und Weiterentwicklung der Werk-
stoffe hat sich der Indikationsbereich für
Kompositrestaurationen im Seitenzahn-
bereich stetig erweitert. Während indirekte
Restaurationen (Inlays, Teilkronen, Kronen)
hauptsächlich bei ausgedehnteren bezie-
hungsweise schwer zugänglichen Defekten
empfohlen werden, zeigen direkte Restau-
rationen vor allem bei kleinen und bei mitt-
leren Läsionen sowie bei minimalinvasiven
Therapieansätzen Vorteile. Dabei können
an einem Zahn auch mehrere Komposit-
restaurationen zur Anwendung kommen,
um beispielsweise eine höher invasive, indi-
rekte Restauration zu vermeiden.
Direkte Restaurationen aus Kompositen
werden unter anderem aufgrund des
weiten Anwendungsspektrums, der Zahn-
hartsubstanzschonung, der Reparaturfähig-
keit, der hohen Lebensdauer sowie dem
zeit- und kostengünstigeren Verfahren ge-
genüber indirekten Restaurationen bevor-
zugt. Minimalinvasive Vorgehensweisen
und erweiterte Indikationen für Komposite
als „Restaurationsmaterial erster Wahl“
im Seitenzahnbereich werden auch auf
europäischer Ebene von der Academy of
Operative Dentistry European Section
(AODES) empfohlen.
Kompositmaterialgruppen
Ziele der kontinuierlichen Weiterentwicklung
von Kompositmaterialien zur Anwendung im
kaulasttragenden Seitenzahngebiet sind eine
Reduktion von Polymerisationsschrumpfung
und Polymerisationsschrumpfungsstress, eine
Erhöhung der Biegefestigkeit, die Verbesse-
rung der Abrasionsresistenz sowie eine
Reduktion von Zeitaufwand und Technik-
sensibilität in Hinblick auf die inkrementelle
Schichttechnik bei der Applikation. Dies wird
erreicht durch Modifikationen im Bereich der
Monomerzusammensetzung (Komposit-
matrix), der Initiatorsysteme sowie der Füll-
körper. Die Kompositmaterialien können
nach folgenden unterschiedlichen Kriterien
unterteilt werden:
\
Matrixzusammensetzung (Monomeren)
\
Füllkörper
\
Viskosität
\
Transluzenz/Opazität
\
Aushärtungsmodus/Initiatoren
\
Durchhärtungstiefe
Biokompatibilität
Eine ungenügende Monomer-Polymer-Konver-
sion bedingt eine Freisetzung von Monomeren
aus der Kompositmatrix. Diese können auf
Gewebe wirken. Tierexperimentelle Studien
zeigen jedoch, dass die systemische Toxizität
von Monomeren als äußerst gering einzu-
schätzen ist. Allerdings wurden allergische
Reaktionen gegen dentale Komposite und
Monomere vor allem beim zahnärztlichen
Personal beobachtet, in Einzelfällen auch
bei Patienten.
Als lokale Wirkung kann nicht polymerisiertes
Adhäsiv – pulpanah oder als Überkappungs-
material aufgetragen – in vivo Entzündungen
von Pulpagewebe oder toxische Reaktionen bis
hin zu Nekrosen verursachen. Die Bildung von
Tertiärdentin ist gestört. Jedoch wurden in An-
wesenheit von Dentin nur in wenigen Fällen
leichte Entzündungsreaktionen beobachtet.
Eine Randspaltbildung zwischen Zahn und
Restauration begünstigt die Entwicklung
eines pathogenen mikrobiellen Biofilms als
eine häufige Ursache für Sekundärkaries am
Füllungsrand.
Werkstoffkundliche
Eigenschaften
Art und Volumenanteil der Füllkörper in den-
talen Kompositmaterialien beeinflussen deren
physikalische Eigenschaften wie Elastizitäts-
modul, Biegefestigkeit, Abrasionsfestigkeit
sowie Polymerisationsschrumpfung und
-stress. Kleine Füllkörper erhöhen die Abra-
sionsfestigkeit, größere Füllkörper erhöhen
die Biege- und Frakturfestigkeit. Mikrofüller-
komposite weisen die geringste Biegefestig-
keit unter allen Kompositgruppen auf. Es wird
empfohlen, diese wegen der erhöhten Fraktur-
gefahr nicht für die Restauration von Klasse-II-
und Klasse-IV-Kavitäten zu verwenden.
S1-Handlungsempfehlung „Kompositrestaurationen im Seitenzahnbereich“
Erfolgreich einsetzbar – klinisch bewährt
Die Leitlinie geht der Fragestellung nach, in welchen klinischen Situationen direkte Komposit-
restaurationen für die kaulasttragende Seitenzahnversorgung Anwendung finden können und
wie deren Haltbarkeit einzuschätzen ist. Dieser Beitrag liefert die Essenz der Empfehlungen.
Abbildung 1:
Kompositfüllung Zahn 26:
(A) erneuerungsbedürftige
Restaurationen,
(B) Füllungen m-o und
o-pal nach Legen und
Politur,
(C) Restaurationen nach
sieben Jahren
(mit freundlicher Genehmi-
gung Prof. Dr. Thonemann)
84
Zahnmedizin