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107, Nr. 3, 1.2.2017, (284)
Höckerüberkuppelung angezeigt
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Reparaturrestaurationen
\
Aufbaufüllungen
Weitere Indikationen, für die bislang nur we-
nige Publikationen vorliegen:
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Anhebung tiefliegender Kavitätenränder
für indirekte Restaurationen (margin elevati-
on technique) oder R2-Technik bei direkten
Versorgungen
\
Schließen von Lücken durch approximale
Zahnverbreiterungen/Formänderungen
Die Indikation der direkten Kompositrestau-
ration wurde erweitert und deckt heute weit-
gehend den Indikationsbereich von Inlays ab.
Insbesondere bei initialen und unterminie-
renden Läsionen weisen Komposite durch
minimalinvasive Vorgehensweisen Vorteile auf
und sind in dieser Indikation anderen Mate-
rialien einschließlich Amalgam überlegen.
Über die Eignung bei neueren Indikationen (wie
Anhebung des approximalen Kastenbodens
(margin elevation) oder Zahnverbreiterungen)
existiert nur begrenzte Evidenz. Bislang sollte
bei solchen Anwendungen eine sorgfältige
Nutzen-Risiko-Abwägung mit entsprechender
Aufklärung vorgenommen werden.
Einschränkungen in der
Anwendung
Bei folgenden Situationen ist die Indikation
mit Einschränkungen zu sehen und eine in-
dividuelle Risikoabschätzung notwendig:
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Zahnbezogene Variable: Zugänglichkeit,
marginale Abdichtung, Möglichkeit der
Schaffung suffizienter Approximalkontakte
\
Funktionsbezogene Variable seitens des
Patienten: starke Parafunktionen (mit aus-
geprägter Facettenbildung und fehlender
okklusaler Abstützung am Zahnschmelz)
\
Verhaltensbezogene Variable seitens des
Patienten: eingeschränkte Mundhygiene
approximal, hohes Kariesrisiko
Kontraindikationen
Kompositrestaurationen sind kontraindiziert
\
bei fehlender Möglichkeit adäquater Konta-
minationskontrolle (Blut, Speichel und mehr)
\
bei Patienten mit klinisch relevanten Un-
verträglichkeiten gegenüber Inhaltsstoffen
von Kompositen oder Adhäsiven
Verarbeitung
Die Verarbeitung von Kompositen ist technik-
und zeitintensiv. Neben der Materialapplika-
tion (adhäsive Vorbehandlung und Komposit-
insertion in Schichttechnik als Goldstandard)
gebührt der Polymerisation der Materialien
besondere Aufmerksamkeit. Die Polymerisa-
tion lichthärtender Kompositmaterialien wird
maßgeblich von der Art des verwendeten
Produkts, von der Leistung der Polymerisati-
onslampe sowie vom Abstand des Lichtaus-
trittsfensters zum Kompositmaterial und vom
Winkel der austretenden Strahlung beeinflusst.
Belichtungszeiten unter zehn Sekunden
werden auch bei hoher Intensität kritisch
gesehen, da sie bei den meisten derzeitigen
Produkten zu einer inhomogenen Polymeri-
sation sowie zu stärkeren Schrumpfungs-
spannungen und Randimperfektionen führen
können. Verschiedene Studien zeigen, dass die
Umsetzung einer adäquaten Lichtpolymeri-
sation durch den Behandler großen Einfluss
auf die Lebensdauer von Komposit- und auch
Keramikrestaurationen haben kann.
Lebensdauer
Zu Kompositen liegen zahlreiche Langzeitstu-
dien mit insgesamt positiven Resultaten vor.
Während vor allem ältere Querschnittsstudien
tendenziell bessere Resultate für Amalgam im
Vergleich zu Kompositen aufwiesen, zeigen
Longitudinalstudien der vergangenen zwei
Jahrzehnte, vor allem Langzeitstudien mit
mindestens zehn Jahren Beobachtungsdauer,
im direkten Vergleich ähnliche Ergebnisse. Die
Lebensdauer von Kompositrestaurationen
liegt heute in einer vergleichbaren Größen-
ordnung wie die von Amalgamfüllungen, die
adäquate Verarbeitung und Berücksichtigung
von Indikationseinschränkungen vorausgesetzt.
Reparatur
Alle gängigen Restaurationsmaterialien kön-
nen bei gegebener Indikation und adäquater
Vorbereitung der Substratoberflächen mit
Kompositmaterialien repariert werden.
Empfehlung
Direkte Kompositrestaurationen können nach
der aktuellen Datenlage im Seitenzahnbereich
zur Versorgung von Kavitäten der Klassen I und
II erfolgreich eingesetzt werden. Zahlreiche
Studien stützen diese Aussage. Voraussetzungen
sind eine korrekte Anwendung der Materialien
sowie die Berücksichtigung patientenbezoge-
ner Faktoren bei der Indikationsstellung.
Zur Eignung bei neueren Indikationen existiert
nur eine begrenzte Evidenz. Bei einer solchen
Anwendung sollte eine sorgfältige Nutzen-
Risiko-Abwägung mit entsprechender Aufklä-
rung des Patienten vorgenommen werden.
Nur eine geringe Zahl klinischer Studien er-
laubt derzeit einen unmittelbaren Vergleich
von direkten und indirekten Restaurationen.
Es besteht Bedarf für randomisierte, kontrol-
lierte klinische Studien, die einen unmittel-
baren Vergleich zwischen direkt und indirekt
hergestellten Restaurationen zulassen.
Schlussfolgerungen
Kompositrestaurationen haben einen festen
Platz im differenzialtherapeutischen Spektrum
der Seitenzahnversorgung. Im individuellen
Patientenfall ist eine sorgfältige Abwägung
indiziert, eine defektorientierte, minimal-
invasive Vorgehensweise wird angestrebt.
Dabei sollten bei defekten Restaurationen
auch Reparaturrestaurationen in Erwägung
gezogen werden.
Die Leitlinie im Original finden Sie auf der
Website der AWMF.
Prof. Dr. Marianne Federlin
Poliklinik für Zahnerhaltung und
Parodontologie
Universitätsklinikum Regensburg
Franz-Josef-Strauss-Allee 11
93053 Regensburg
marianne.federlin@ukr.deAWMF-Registernummer: 083–028
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Stand Oktober 2016, gültig bis
Oktober 2021
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Koordination: Prof. Dr. R. Hickel
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Autoren: M. Federlin, U. Blunck,
R. Frankenberger, H. Knüttel, F. X. Reichl,
H. Schweikl, H.-J. Staehle, R. Hickel
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Methodische Begleitung: S. Auras,
Leitlinienbeauftragte der DGZMK
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INTERGRUND
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Zahnmedizin