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107, Nr. 3, 1.2.2017, (287)
lichen) Verstoß gegen das Schriftformerfor-
dernis nach § 550 BGB, womit eine vertrag-
lich vereinbarte Laufzeit hinfällig würde.
In jüngster Vergangenheit haben in diesem
Zusammenhang die Entscheidungen des
Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt und des
Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe für
Verunsicherung bei den Mietern gesorgt:
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So gab der BGH einem Vermieter Recht,
der einem Zahnarzt die Praxisräume trotz
einer festen Mietvertragslaufzeit von 15
Jahren vorzeitig ordentlich kündigte, weil
eine nachträgliche Mieterhöhung nicht
formwirksam vereinbart wurde. Die Parteien
hatten zuvor die einvernehmliche Miet-
erhöhung um monatlich 20 Euro (lediglich
1,5 Prozent der Gesamtmiete) nicht schrift-
lich, sondern lediglich mündlich vereinbart.
Eine ordentliche Kündigung mit sechs-
monatiger Kündigungsfrist zum Quartals-
ende war nach Ansicht des BGH daher auf-
grund der Nichtbeachtung des Schriftform-
erfordernisses bei der Änderung des Miet-
zinses rechtmäßig (BGH, Urteil vom 25.
November 2015 – Az.: XII ZR 114/14).
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Zuletzt erklärte auch das OLG Frankfurt
die vorzeitige ordentliche Kündigung von
Praxisräumen eines Zahnarztes trotz ver-
traglich vereinbarter Laufzeit des Mietver-
trags von zehn Jahren für rechtmäßig. Der
Arzt hatte zuvor mit dem Vermieter lediglich
mündlich vereinbart, einen zusätzlichen
Kellerraum zur Archivierung von Materialien
nutzen zu dürfen, dies aber nicht schriftlich
fixiert. Das OLG Frankfurt führt in seiner Ent-
scheidung aus, dass die Parteien damit das
Schriftformerfordernis nach § 550 BGB miss-
achtet hätten, was die vorzeitige ordentliche
Kündigung rechtfertige (OLG Frankfurt,
Urteil vom 27.04.2016 – Az. 2 U 9/16).
Wann ist ein Vertrag
„rechtswirksam“?
Das Feld an möglichen Fehlerquellen ist
weit. Die ersten Verstöße gegen das Schrift-
formerfordernis nach § 550 BGB treten oft
schon bei der Unterzeichnung des Mietver-
trags auf: Damit die vereinbarte Vertrags-
laufzeit wirksam ist, müssen alle Vertrags-
parteien den Vertrag unterschreiben. Unter-
schreibt nur einer von mehreren Mietern
oder Vermietern ohne eindeutigen Vertre-
terzusatz, ist die Schriftform nicht gewahrt –
der Vertrag mithin nach Ablauf eines Jahres
ordentlich unter Einhaltung einer Frist von
sechs Monaten zum Quartalsende kündbar.
Dies gilt es insbesondere bei der Unterzeich-
nung von Mietverträgen für Medizinische
Versorgungszentren (MVZ) oder klassische
Gemeinschaftspraxen zu beachten, die in
der Regel als Gesellschaft bürgerlichen
Rechts (GbR) organisiert sind. So bedarf es
bei Abschluss eines Mietvertrags einer GbR
beispielsweise entweder der Unterschrift
aller (vertretungsberechtigten) Gesellschafter
oder aber der Unterschrift eines vertretungs-
berechtigten Gesellschafters, sofern sich aus
einem Zusatz (i. V. / in Vertretung) zur Un-
terschrift ergibt, dass dieser für die übrigen
Gesellschafter handelt. Fehlt es an einem
solchen Zusatz, ist die Schriftform nicht ge-
wahrt. Der Vertrag ist trotz vertraglicher
Laufzeitvereinbarung vorzeitig kündbar.
Wie kann man einen
Formmangel beheben?
Die Schriftform ist jedoch nicht nur bei
Abschluss des ursprünglichen Mietvertrags
zu beachten, sondern auch bei allen nach-
träglichen Ergänzungen oder Änderungen.
So müssen alle „wesentlichen Änderungen“
schriftlich vereinbart werden, um die verein-
barte feste Vertragslaufzeit nicht zu gefähr-
den. Als wesentlich gelten beispielsweise
die Veränderung der Miete, die Änderung
der Zahlungsfälligkeit (bei Umstellung von
quartalsweise auf monatliche Mietzahlun-
gen), die Erweiterung beziehungsweise Ver-
kleinerung oder der Austausch des Miet-
gegenstands (beispielsweise zusätzliche
Räume) oder der Mieterwechsel (beispiels-
weise bei Auflösung einer GbR). Wird eine
solche Vertragsänderung nicht schriftlich
vereinbart, ist der gesamte Vertrag nach
Ablauf eines Jahres ab Vertragsänderung
vorzeitig ordentlich kündbar. Weiter gilt es
zu beachten, dass bei Erstellung eines
„Nachtrags“, bei dem Ergänzungen und
Änderungen schriftlich vereinbart werden,
sowohl auf den Ursprungsvertrag als auch
auf alle vorhergehenden „Nachträge“ ver-
wiesen werden muss.
Wurde beim Abschluss des Mietvertrags
die Schriftform beachtet, muss man aus
Gründen der Rechtssicherheit alle zu-
künftigen Ergänzungen oder Änderungen
des Mietvertrags im Rahmen von schrift-
lichen „Nachträgen“ vereinbaren, um die
vereinbarte Vertragslaufzeit nicht zu ge-
fährden.
Stellt sich bei der Prüfung des Mietvertrags
heraus, dass gegen die gesetzlich vor-
gesehene Schriftform verstoßen wurde, gilt
es diesen Formmangel – soweit möglich –
im Rahmen einer entsprechenden schrift-
lichen Vereinbarung unverzüglich zu heilen.
Ob und wie ein Verstoß gegen die Schrift-
form geheilt werden kann, ist im Einzelfall
anwaltlich zu prüfen.
Das Schriftformerfordernis nach § 550 BGB
birgt für den Mieter allerdings nicht nur
Nachteile. Will der Mieter sich etwa schon
vor Ablauf der vertraglich vereinbarten Ver-
tragslaufzeit von seinem Mietvertrag lösen,
weil er beispielsweise attraktivere Praxis-
räume gefunden hat, kann auch er das Miet-
verhältnis mit Hinweis auf die möglicher-
weise missachtete Schriftform vorzeitig or-
dentlich nach Ablauf eines Jahres kündigen.
Denn auch vielen Vermietern ist das sensible
Schriftformerfordernis des § 550 BGB nicht
bekannt.
Fazit
Will man an dem bestehenden Praxis-
mietvertrag bis zum Ablauf der vertraglich
vereinbarten Laufzeit festhalten, sind aus
Gründen der Rechtssicherheit alle noch so
kleinen Änderungen des Mietverhältnisses
schriftlich im Rahmen eines „Nachtrags“
zu vereinbaren. Wurden bereits erfolgte
Änderungen nicht schriftlich fixiert, ist es
wichtig, dies – soweit möglich – unverzüg-
lich nachzuholen. Auf ein „gutes Verhältnis“
zu seinem Vermieter sollte man sich,
wenn es um die eigenen Praxisräume geht,
jedenfalls nicht verlassen.
Nikolas K. Bauer
Rechtsanwalt
Melchers Rechtsanwälte Partnerschafts-
gesellschaft mbB
n.bauer@melchers-law.com89