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107, Nr. 4, 16.2.2017, (402)
Herr Prof. Splieth, Ihr Projekt „Unter-
stützende Intensivprophylaxe für
Kinder mit zahnärztlicher Sanierung
unter Narkose“ hat vom Innovations-
ausschuss des G-BA den Zuschlag für
eine Förderung aus dem Innovations-
fonds erhalten. Warum gerade dieses
Thema – wo liegen die Bedarfe?
Prof. Dr. Christian Splieth:
Das Projekt
„Unterstützende Intensivprophylaxe für
Kinder mit zahnärztlicher Sanierung unter
Narkose“ nimmt ein sehr wesentliches Pro-
blem in der Zahnmedizin auf: In Deutsch-
land haben circa 10 bis 15 Prozent der Drei-
jährigen bereits Frühkindliche Karies, und
dies im Schnitt mit über drei unversorgten
Defekten. Dieser Behandlungsumfang und
die geringe Kooperationsfähigkeit der Kinder
führen zu vielen Narkosen, Extraktionen,
Stahlkronen etc. Im Schnitt versorgen wir
bei Kindern in Greifswald pro Narkose mehr
als sechs Zähne.
Wie sieht das Projekt genau aus und
welche Hauptzielrichtung hat es?
Der gerade beschriebene Tatbestand ist um-
so erstaunlicher, da Karies eine präventable
Erkrankung ist und wir bei den Jugendlichen
in der permanenten Dentition einen Karies-
rückgang von 90 Prozent haben. Im frühen
Milchgebiss liegt dieser aber nur bei 30 Pro-
zent. Da (Frühkindliche) Karies der beste
Prädiktor für weitere Karies ist, macht es
eigentlich Sinn, für Risikokinder besondere
Prophylaxe anzubieten. Im bisherigen GKV-
Katalog sind die Präventionsmaßnahmen
im Milchgebiss aber besonders spärlich und
kaum risikobasiert. Es ist daher unverständ-
lich, dass die teure Narkosesanierung getra-
gen wird, zusätzliche Prävention aber privat
bezahlt werden muss. Somit untersucht das
Projekt, wie sinnvoll ergänzende zahnärzt-
liche Prophylaxe für Kinder ist, die eine
zahnärztliche Narkosesanierung erhalten.
Welche neuen Versorgungsformen
sind dort vorgesehen und wie soll der
Ablauf erfolgen?
Aus Bausteinen der bestehenden FU/IP-Leis-
tungen werden konsequent Präventions-
pläne für Kinder, die eine zahnärztliche
Narksosesanierung erhalten werden, struk-
turiert, und zwar ähnlich einem PA-Plan:
Zuerst erfolgt eine Motivations-/Instruktions-
sitzung(IP1/2/4) mit dem Schwerpunkt,
die häusliche Mundhygiene mit fluorid-
haltiger Zahnpaste zu verbessern. Nach etwa
14 Tagen sollte ein Recall erfolgen, um die
Verbesserungen zu verstetigen. Danach er-
folgen analog zum PA-Plan die Sanierung in
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Neue Versorgungsformen in der Kinderzahnheilkunde
„Risikokinder brauchen zusätzliche Prophylaxe!“
Wie sinnvoll ist die ergänzende zahnärztliche Prophylaxe für Kinder, die eine
zahnärztliche Narkosesanierung erhalten? Wir sprachen mit Prof. Christian
Splieth aus Greifswald, Leiter eines Projekts zu diesem Thema, das als erstes im
Bereich Zahnmedizin vom Innovationsfonds gefördert wird.
Laut GKV-Katalog wird die Narkosesanierung getragen, die notwendigen, ergänzenden Präventionsleistungen jedoch nicht.
Foto: M. Alkilzy
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Zahnmedizin