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107, Nr. 4, 16.2.2017, (398)
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Beispielfall 1
Im Zuge einer
Wurzelbehandlung
ist eine
Komplikation mit der Folge eines Zahn-
verlusts eingetreten. Zwar kann nicht fest-
gestellt werden, dass dem Zahnarzt bei der
Wurzelbehandlung ein Behandlungsfehler
unterlaufen ist. Gleichwohl haftet der Zahn-
arzt, weil der Nachweis einer ordnungs-
gemäßen Risikoaufklärung des Patienten
nicht gelingt. Der Schaden des Patienten
besteht im Ersatz des verloren gegangenen
Zahnes durch eine Brücke oder durch ein
Einzelimplantat. Außerdem steht ihm ein an-
gemessenes Schmerzensgeld zu. In diesem
Fall ist dem Patienten der Schaden voll-
ständig einschließlich etwaiger Kosten
eines wegen des Schadensfalls geführten
Haftungsprozess von der Berufshaftpflicht-
versicherung des Zahnarztes zu ersetzen.
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Beispielfall 2
Bei einer zahnärztlich-
prothetischen Behand-
lung
gelingt es dem Zahnarzt nicht, dem
Patienten einen ordnungsgemäß funktio-
nierenden Zahnersatz einzugliedern. Nach
mehreren Korrekturversuchen sucht der Pa-
tient einen anderen Zahnarzt auf und lässt
die zahnärztlich prothetische Behandlung
vollständig wiederholen. Er verlangt vom
ursprünglich behandelnden Zahnarzt das
bezahlte zahnärztliche Honorar zurück. In
diesem Fall muss der Zahnarzt das einge-
nommene Honorar selbst an den Patienten
zurückzahlen. Eine Deckung aus der Haft-
pflichtversicherung ist wegen des Umfangs
des Versicherungsschutzes nicht gegeben,
denn es handelt sich um die „Vertrags-
erfüllung“. Die Vertragserfüllung besteht in
der Hauptleistungspflicht des Zahnarztes,
eine vereinbarte Behandlung sorgfältig und
ordnungsgemäß durchzuführen.
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Beispielfall 3
Bei einer zahnärztlich-
implantologischen Be-
handlung
ist dem Zahnarzt ein Behandlungs-
fehler unterlaufen. Ein Implantat muss ent-
fernt und nach der erforderlichen Vorberei-
tung durch ein neues ersetzt werden. Der
Patient hat das Vertrauen in die Behandlung
des Zahnarztes verloren und verlangt als
Schadensersatz die Kosten der erforderlichen
Vorbehandlung, die Kosten der Wieder-
holung der zahnärztlich-implantologischen
Behandlung sowie ein Schmerzensgeld. In
diesem Fall ist zu differenzieren zwischen
von der Haftpflichtversicherung gedeckten
und ungedeckten Anteilen an der Schadens-
ersatzforderung des Patienten. Bei der Ent-
fernung des fehlplazierten Implantats und
den Kosten der Nachimplantation handelt es
sich um die Vertragserfüllung beziehungs-
weise um das Erfüllungssurrogat. Die Kosten
dieses Anteils an der Schadensersatzforde-
rung des Patienten sind von der Haftpflicht-
versicherung nicht gedeckt und müssen vom
Zahnarzt getragen werden. Hat er für seine
zahnärztlich-implantologische Behandlung
noch kein Honorar eingenommen, so muss
er dieses Honorar auch nicht zurückzahlen.
Die Kosten der Entfernung des Implantats
muss er selbst bezahlen. Die erforderliche
Vorbehandlung sowie die Schmerzensgeld-
forderung des Patienten dagegen wären
von der Haftpflichtversicherung gedeckt
und müssten dem Zahnarzt ersetzt werden.
Wann haftet der Praxischef,
wann der angestellte ZA?
Deckung für Angestellte:
Grundsätzlich sind
nach deutschem Recht zwei Anspruchs-
grundlagen denkbar, die dem geschädigten
Patienten zum Schadensersatzanspruch ver-
helfen. Es handelt sich einmal um die Haf-
tung aus dem Behandlungsvertrag (vertrag-
liche Haftung) und zum anderen um die
Die Haftpflichtversicherung in der Zahnarztpraxis
Wann bin ich wirklich geschützt?
Viele Zahnärzte gehen regelmäßig davon aus, dass sie durch ihre Berufshaftpflichtversicherung bei Fehlbehandlungen voll-
ständig und umfassend versichert sind. Tatsächlich jedoch besteht nicht immer eine (vollständige) Deckung. Dr. jur. Ernst-R.
Rohde, Fachanwalt für Medizinrecht, nennt Beispiele aus dem Praxisalltag und gibt Hinweise zum Verhalten im Schadensfall.
Drei alltägliche Behandlungssituationen – aber was ist, wenn doch mal etwas schiefläuft?
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Praxis