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107, Nr. 4, 16.2.2017, (408)
Die Methode zur Ableitung bioelektrischer
Signale der Muskulatur wird als Elektromyo-
graphie (EMG) bezeichnet. Die Aufnahme
der Signale kann mittels auf der Haut
angebrachter Oberflächenelektroden oder
unter Verwendung von Nadel- oder Draht-
elektroden, die direkt in den Muskel einge-
stochen werden, durchgeführt werden. Die
Ableitung der Signale erfolgt für gewöhn-
lich in uni- oder bipolarer Form [Schindler/
Hugger, 2006]. Das Elektromyogramm ge-
stattet die Beurteilung der Innervation von
motorischen Einheiten und Muskelgruppen,
da die Stärke der Muskelkontraktion von der
Zahl der innervierten Muskelfasern und der
Anzahl der Aktionspotenziale pro Zeitein-
heit abhängt. Die aufgezeichneten Aktions-
potenziale spiegeln die neuromuskuläre
Erregung der untersuchten Muskulatur
wider und sind ein indirektes Maß für die
mechanische Aktivität des Muskels [Hugger
et al., 2008]. Die Elektromyographie liefert
Informationen anhand metrischer Daten
über die Funktion der Aktivität einzelner
Muskeln. Sie registriert zeitabhängige intra-
oder intermuskuläre Aktivierungsmuster und
gibt Hinweis auf die zugrundeliegenden
zentralen Kontrollmechanismen [Freiwald
et al., 2007].
Das mithilfe bipolarer Oberflächenelektro-
den gemessene Elektromyogramm ist die
am häufigsten angewandte Technik der
Elektromyographie, da sie schnell und
atraumatisch angewandt werden kann und
zuverlässige, weitgehend reproduzierbare
Ergebnisse liefert. Bei Ableitungen der Kau-
muskulatur für die zahnärztliche Funktions-
analyse ist diese nicht-invasive Technik
Mittel der Wahl, da die aus klinischer Sicht
wichtigsten Muskeln – M. masseter und M.
temporalis – relativ oberflächlich liegen.
Ziele und Verfahrens-
bewertung
Im Rahmen der zahnärztlichen Tätigkeit ist
die Anwendung der Oberflächen-EMG mit
bipolaren Hautelektroden im Bereich des
M. masseter und des M. temporalis anterior
relativ unproblematisch durchführbar.
Auf der Basis einer fundierten klinischen
Funktionsdiagnostik und unter Beachtung
spezieller methodischer Empfehlungen
[Konrad, 2005; Hermens et al., 2000;
Leitlinie instrumentelle zahnärztliche Funktionsanalyse – Teil 4
Oberflächen-Elektromyographie
der Kaumuskulatur
Alfons Hugger, Karl-Heinz Utz, Wolf-Dieter Seeher, M. Oliver Ahlers
Die ersten drei Abschnitte der Leitlinie zur instrumentellen zahnärztlichen Funk-
tionsanalyse waren den Themen Bewegungsanalyse, Kondylenpositionsanalyse
sowie dem Stützstift-Registrat gewidmet. Dieser vierte und abschließende Teil der
Leitlinie beschäftigt sich der Elektromyographie der Kaumuskulatur.
Quelle: Hugger
Abbildung 1: Aufzeichnung der
Ruheaktivität des rechten und
des linken M. masseter (rot) und
des rechten und des linken M.
temporalis ant. (grün).
Einheit der EMG-Werte: Mikrovolt.
Die aufgezeichneten Ruheaktivitäten
liegen in einem physiologischen
Bereich.
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zm 23/2016
: Instrumentelle
Bewegungsanalyse, S. 92–95
\
zm 01/2017
: Die Kondylenpositi-
onsanalyse, S. 70–72
\
zm 03/2017
: Die Kieferrelations-
bestimmung, S. 78–82
Die ersten Teile der Leitlinie
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Zahnmedizin