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zm

107, Nr. 4, 16.2.2017, (409)

Hermens et al., 1999] ermöglicht die Ober-

flächen-Elektromyographie (EMG) die zu-

sätzliche Ermittlung valider und reliabler

quantitativer Daten zum Funktionszustand

einzelner Kaumuskeln im Sinne einer „neu-

romuskulären Funktionsanalyse“ [Hugger

et al., 2008]. Aussagekräftige EMG-Daten

können im Zusammenhang mit den Para-

metern Ruheaktivität, maximale Muskel-

aktivierung, Frequenzspektrum bei anhal-

tender Belastung und Symmetrie des

Kontraktionsverhaltens beider Kieferseiten

gewonnen werden (Abbildungen 1 bis 3)

[Hugger et al., 2013a, 2012].

Nutzen

EMG in der zahnärztlichen Prothetik:

Bei der Beurteilung der funktionellen Wer-

tigkeit rekonstruktiver Maßnahmen werden

klassischerweise die technische Ausführung

und die Zufriedenheit des Patienten be-

trachtet. Die Einbeziehung der EMG liefert

hierzu zusätzlich ergänzende, neuromusku-

läre Aspekte berücksichtigende Informatio-

nen. Der Einsatz von EMG-Ableitungen im

klinischen Alltag kann beispielsweise zum

Vergleich erfolgen, um das neuromuskuläre

Balanceverhalten in Interkuspidation vor

und nach restaurativer Versorgung oder bei

Korrektur der Okklusion nach Inkorporation

von Zahnersatz zu überprüfen. Studien ge-

ben Hinweise darauf, dass sich Symmetrie-

unterschiede im Rekrutierungsverhalten

der Muskulatur, ausgelöst durch okklusale

Niveauunterschiede, am individuellen Pa-

tienten darstellen lassen [Hugger et al.,

2013b, 2013c].

EMG in der zahnärztlichen Funktions-

diagnostik und -therapie:

Das neuromuskuläre System reagiert auf

Schmerzen mit reproduzierbaren, elektro-

myographisch erfassbaren Veränderungen

[Obrez/Türp, 1998]. Die Oberflächen-Elek-

tromyographie ist jedoch kein direktes Ver-

fahren zur Objektivierung von Schmerzen

[Hugger et al., 2013a].

Die für die klinische Beurteilung wichtigsten

Abweichungen sind bei (maximaler) Kon-

traktion der Muskulatur, in der Ruheaktivität

und beim Frequenzspektrum unter Belastung

zu finden. Ferner wird über Symmetrie-

unterschiede im Kontraktionsverhalten der

Muskulatur berichtet [Hugger et al., 2013a;

Hugger et al., 2012].

Aus EMG-Ableitungen sind folgende ergän-

zende Informationen ableitbar:

\

Erhöhte Erschöpfbarkeit als Indikator für

das Ausmaß der individuellen Muskelläsion

\

Minderung der Kontraktionsfähigkeit als

Indikator für das Ausmaß der individuellen

Muskelläsion

\

Erhöhte Ruheaktivität als Hinweis auf Kie-

fergelenkläsionen, klinisch nicht manifeste

Muskelläsionen, Stressfaktoren oder hyper-

vigilante Disposition des Patienten

\

Darstellung der Veränderung des Rekru-

tierungsmusters der Muskulatur bei okklu-

saler Modifikation von Okklusionsschienen

(Veränderung der maximalen Kontraktions-

fähigkeit, Veränderung des Rechts-Links-

Balanceverhaltens) als Indikator für thera-

peutisch wirksame Effekte und zur Verlaufs-

kontrolle.

Der klinische Einsatz der Elektromyographie

setzt spezifische Kenntnisse des Verfahrens

voraus, das – wie andere kinematische Ver-

fahren im zahnärztlichen Bereich – immer

im Kontext einer eingehenden Anamnese und

klinischen Funktionsdiagnostik zu sehen ist.

Nachbemerkung der Autoren:

Mit der vorliegenden Leitlinie ist für die vier

behandelten Verfahren der instrumentellen

Funktionsanalyse der wissenschaftliche

Stand beschrieben. Mit der Entwicklung

und Veröffentlichung der Leitlinie schließen

die DGFDT sowie alle anderen beteiligten

Fachgesellschaften und Körperschaften eine

zu lange bestehende Lücke. Wie wichtig

derartige Leitlinien sind zeigte sich im Jahre

Abbildung 2: Aufzeichnung der

Muskelaktivität des rechten und

des linken M. masseter (rot)

und des rechten und des linken

M. temporalis ant. (grün) bei

maximalem Aufbiss in habitueller

Okklusion.

Einheit der EMG-Werte: Mikrovolt.

Bei dreimaligem Aufbeißen in

habitueller Okklusion finden

deutliche Aktivitätssteigerungen in

den untersuchten Muskeln statt,

die als physiologisch zu bewerten

sind. Innerhalb der Muskelgruppen

liegt die Muskelaktivität im Rechts-

Links-Vergleich recht balanciert

vor.

Quelle: Hugger

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